doppelmoral-die politik der falschinformation (Gesellschaft)

doppelmoral-die politik der falschinformation (Gesellschaft)

Am Donnerstag, den 12.01.2005 war es also soweit: Nach zweijährigem Ringen mit der Teheraner Führung um das iranische Atomprogramm soll die Geduld des EU-Trios zu Ende sein. Die Außenminister Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs kündigten in Berlin an, eine Sondersitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) einzuberufen und diesem zu empfehlen, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten.

Kaum einer der erlesenen Fachjournalisten aber bemühte sich zu Fragen, warum man sich erst nach zwei Jahren zu diesem Schritt entschloss, obwohl die USA seit Jahren Iran vorwirft, heimlich an der Atombombe zu basteln. Wollte die EU tatsächlich nach einer politischen Lösung suchen? Aber welches Problem wollte die EU auf dem politischen Wege lösen? Wollten etwa die Herren aus London, Paris und Berlin die Mullahs davon abbringen, an der Atombombe zu basteln? Ist die politische Elite Europas tatsächlich so naiv gewesen daran zu zweifeln, dass die Mullahs nicht Strom, sondern eher die Bombe wollten? Oder hat man sich schon längst mit den Amerikaner geeinigt und die letzten zwei Jahre war nur eine Show für die Öffentlichkeit?

So viele berechtigte Fragen - und kaum ein Fachmann der europäischen Medien sah sich im Stande, diese bei den eigenen verfassten Artikeln zu berücksichtigen. Schnell stand Iran als Schurkenstaat fest, der gelogen, betrogen, verheimlicht und getäuscht hat und sich nicht im Atomstreit beugen will. So informierte dann Herr Steinmeier: „Die Gespräche mit Teheran seien an einem 'toten Punkt' angelangt.“ Und nun sei die Zeit gekommen, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten. Leider ist aber die Situation nicht so einfach, wie die Herren am besagten Donnerstag in Berlin den Menschen weis machen wollten. Tatsache bleibt, dass der Iran ein Recht auf die Atomenergie hat und keine Satzung der IAEO ein Land verpflichtet, seine Urananreicherung im Ausland vorzunehmen.

Auch zu keinem Zeitpunkt wurde erwähnt, dass es der Iran war, der sich unter dem Shah mit einer Mrd. EUR an der europäischen Atombehörde beteiligte und im Grunde die europäische Atomenergieforschung wesentlich finanzierte und dementsprechend als Teilhaber an den gesamten Ergebnissen und Wissen profitiert hat. Und heute soll ihm das Recht auf die Atomenergie verwehrt werden oder sollen die Menschen Bomben und Sanktionen ausgesetzt werden, weil eben die Herren aus Europa Jahrzehnte die Augen verschlossen haben?

Vielleicht ist die Angst über die Gefahr, die von einer Atombombe in den Händen der Mullahs ausgeht, berechtigt - und auch gerade deshalb müsse die Weltgemeinschaft handeln. Aber wo war die Weltgemeinschaft, als sie Mrd.-EUR Geschäfte mit den Herren in Teheran schloss, während dieser sein Volk unterdrückte, terrorisierte und ermordete. Für die Herren aus Berlin war der Begriff Menschenrechte ein Fremdwort, als man sich begeisternd über die Handelsbeziehungen mit dem Iran äußerte. Und was hörte man in der Medienlandschaft? „Den zweistelligen Aufwärtstrend der vergangenen Jahre hält auch im laufenden Jahr an; in den ersten zehn Monaten des Jahres 2005 lieferte Deutschland 33% mehr Waren nach Iran.“, so Herr Michael Tockuss, Geschäftsführer der Offiziellen Deutsch-Iranischen Industrie und Handelskammer. Hat die deutsche Politik sein eigenes Grundgesetz vergessen, dass Art. 1 Abs.1 GG von der Würde des Menschen spricht und gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht an den Grundrechten bindet.

Also warum sollte den Iranern die Atomenergie verwehrt werden? Nur weil die Gefahr besteht, dass die Mullahs tatsächlich die Waffe wollen? Also bombardiert man schnell Iran, dann können die Geschäfte weitergehen? Kein Wunder, dass diese Politik bei den meisten Iranern keine Zustimmung findet. Wieso sollte man eine fremde Macht unterstützen, die 26 Jahre lang zusah und sich auf Kosten der Menschen im Iran bereicherte?

Die Menschen im Iran sind müde. Sie kämpfen tagtäglich ums Überleben, abgesehen von einer kleinen Schicht, die sich mit den Mullahs arrangiert hat und in prächtigen Villen haust und sich jeden Abend mit vollem Magen schlafen legt. Für die Menschen im Iran ist weder die Atomenergie noch die Atombombe Brot. Sie wollen Freiheit, einen Arbeitsplatz und ihren Teil an dem Reichtum ihres Landes. Die Menschen im Iran sind keine Terroristen oder Selbstmordattentäter. Im Gegenteil: Sie wurden erhängt, weil sie Opfer einer Vergewaltigung wurden oder gesteinigt, weil sie sich nicht verkaufen wollten oder aus den Studentenwohnheimen geworfen, weil sie nur frei leben wollten, während Siemens oder Total Rekordgewinne im Iran meldeten; oder die Herren aus Europa, den roten Teppich für ihre Kollegen aus dem Iran ausrollten. Die Menschen im Iran haben bereits im ersten Golfkrieg ihr Leben gelassen, damit Franzosen, Engländer und Deutsche sich durch Waffenverkäufe und Giftgaslieferungen bereichern können. Und dann schafft tatsächlich Herr Frank-Walter Steinmeier es mit seinen Kollegen Jack Straw und Philippe Douste-Blazy, sowie dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Berlin, dem Iran vorzuwerfen, gegen die Vereinbarung im Jahre 2003 zu verstoßen, obwohl nach dieser Vereinbarung der Iran sich nur verpflichtete, lediglich kurzeitig mit der Urananreicherung auszusetzen und nicht über zwei Jahre. Ungeachtet dessen, dass es Irans verbrieftes Recht ist, die Urananreicherung in eigenem Lande vorzunehmen.

Wenn die EU tatsächlich verhindern will, dass Atomwaffen in falsche Hände gerät, dann sollte sie endlich aufhören Regierungen zu unterstützen, die keinen Respekt vor dem Leben haben und nicht selber unrecht begehen. Denn sowohl Sanktionen gegen den Iran als auch die Verlegung der Urananreicherung Irans in den Ausland, sind rechtswidrig. Und wer dann noch tatsächlich glaubt, bombardieren zu müssen, der hat das Problem erst Recht verkannt. Das Problem ist nicht der Iran oder seine Atompolitik oder sein Bestreben nach Atombomben. Denn schließlich haben sowohl die Pakistaner und Inder eine Atombombe und kein Argument würde überzeugen, dass die Atombombe bei den Iranern in falschen Händen liegen wird. Schließlich hat Iran, im Vergleich zu manch europäischen Ländern, weder die Welt in einen Weltkrieg geworfen, noch in den letzten Jahrhunderten einen Präventivschlag geführt. Wenn also das Problem die Mullahs sein sollten, dann sollte man sich fragen, wer sie denn in den letzten 26 Jahren unterstützt hat.

ich habe diesen artikel hier rein gestellt da ich ihn für äussert lesenswert halte ihn bezug zu der politischen lage bezüglich des irans
Naja, zum einen werden politische Beziehungen und privatwirtschftliche Beziehungen z.T. etwas ducheinandergeworfen (wobei ich nicht sagen will, dass politisch nicht auch "nachgeholfen" wurde), zum anderen macht die Passage
Schließlich hat Iran, im Vergleich zu manch europäischen Ländern, weder die Welt in einen Weltkrieg geworfen, noch in den letzten Jahrhunderten einen Präventivschlag geführt.
ja wohl mal überhaupt keinen Sinn im Bezug auf die heutige Situation - nur weil der Iran dies bislang nicht getan hat, heißt das ja nicht zwangsläufig dass er in Zukunft immer friedlich sein wird, genausowenig wie man sagen kann, dass z.B. Deutschland, weil Deutschland vor knapp 70 Jahren einen Weltkrieg losgetreten hat, auch in Zukunft eine Gefahr für die Welt darstellt...

Alles in allem ist der Artikel wirklich net schlecht, aber teilweise werden gewisse Dinge schon so hingedreht, dass sie passen, was ihn etwas kaputt macht...
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