Marionettenkönig (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Marionettenkönig (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Diesmal setze ich doch mit einer kleinen Einführung an. Die Geschichte ist schon vor langer Zeit im Forum herumgegeistert, noch nicht fertig, natürlich -.-
Was sich nun allerdings ändern sollte. Ich poste von Anfang an in A4-Seiten-Abständen. So kann ich mir wenigstens einen gewissen Vorsprung aushandeln. Viel Spass... oder so.

Der Marionettenkönig - Erster Teil

Wie es dazu kam, weiss ich nicht mehr so genau. Ob es die verworrenen Umstände waren, die sich auf diese Weise entwickelten. Die Leitung verschiedener Mächte aus göttlichen Beweggründen. Vielleicht aber war es doch das Schicksal, die Bestimmung dass es nur diesen einen Weg gab. Auf jeden Fall weiss ich, dass es dazu kam. Und da bin ich mir sicherer denn alle Götter der Welt. Ich habe es erlebt, ob es Wahnsinnstraum war, schlicht Wegs ein Hirngespinst oder eine komplexe Illusion. Es war mir so genau vor Augen, als wäre es der Realität entsprungen. Und wenn dem nicht so war, was sollte ich von meinem Leben, das nur aus meinen eigenen Eindrücken besteht, anderes erzählen, als das Sonderbarste, das ich je erlebt habe?
Nun, beim Anfang der Ereignisse, in der Schiffskabine der Andriell. Ein sonderbarer Name, unbestritten und doch hatte er’s mir angetan. Beim flackernden Kerzenlicht hab’ ich geschrieben, ich wusste nicht, was. Mein Kopf war schon mit mehreren Bierkrügen gefüllt und es war mir egal, ob das Geschriebene einen Sinn machte. Ich hatte mich zuvor an der Bar am Deck noch hoffnungslos besoffen. Als gegen den späten Abend das Geld und der Rausch verebbten. Ich begann wieder zu denken und ich sträubte mich dagegen.
Da war ein Typ neben mir gewesen. „Gott“, sprach er mit einigen Cocktails in der Stimme, „lauert auf den Wolken mit einem Scharfschützengewehr“ Er becherte das Bier in seine Gurgel. „Bum!“ Hatte er gelacht und wandte sich wieder dem halben Glas zu. Ich trat von der Bar weg, stand an das Geländer des Decks und starrte in den Himmel. Der Mann im Mond, manchmal beschattet von den grauen Wolken, lud gerade nach.
Sicher, ich konnte kaum mehr Wirklichkeit von Halluzinationen unterscheiden. Das wollte ich auch nicht, ganz im Gegenteil, am Liebsten wäre ich in der Tiefe meiner Gedankenwelten versunken.
In der Tiefe meiner Gedankenwelten. Ja, fortan sollte das mein Zuhause sein. Ich denke zu viel, dachte ich und mich fror. Ich drehte mich um und sah zurück zur Bar. Und mir schoss ein Gedanke durch den Kopf, so fremd. Was ist unsere Bestimmung?, fragte ich mich. Denn so wie ich den Mann an der Bar sah, der mit seinem waffenliebenden Gott, schien er auf sein Glas zu starren, als sei es seine Bestimmung die Bar zu räumen. Der Gedanke mochte von Spott angereichert sein, doch eigentlich hatte ich selbst nie über die Bestimmung oder Ähnliches nachgedacht. Und je mehr ich darüber nachsann, desto eher wurde mir klar, dass der Spott nicht angebracht war. Wer weiss schon, vielleicht ist es eine sinnvolle Bestimmung den Alkohol in seinen Körper zu schütten, sich zu vernebeln. Und war nicht ich vorhin auch schon soweit, alles Bier in meine Kehle hinunterzustürzen? Mit benebeltem Verstand konnte ich nicht mehr klar denken, und vielleicht ist es ja ganz und gar richtig nicht zu denken.
Wär’s doch schön, wären wir alle dumm! „Bum!“, dachte ich. Verdammt, schon wieder dachte ich. Zu viel, zu oft. Ich stieg hinunter zu den Kabinen, ich wollte schlafen, einfach schlafen, bevor mein Denken wieder begann. Ich öffnete die Kabine. Die Gedanken rasten im Kopf und ich wollte doch nur, dass sie aufhörten, anhielten, endlich ruhig wären. Doch nichts half. Ich lag im Bett und dachte und dachte. Ob es wohl meine tragische Bestimmung war, die mir all diese Gedanken aufzwang. Ich sollte nicht denken, aber weil ich denke ist eben jenes Nicht-Denken, meine Bestimmung, dachte ich. Unerreichbar. Ich fragte mich, was die Muster an der Wand bedeuten mochten, ich fragte mich, was mein Leben bedeuten mochte. Ich sah die Blumenvase. Was ist ihre Funktion? Sie hatte keine. Die Schiffsmannschaft hatte sie aufgestellt, damit es schön aussah, damit ich zufrieden wäre. So hatte sie doch eine Funktion.
Ich sprang aus dem Bett, in der Hoffnung die Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben. Sie schwirrten herum wie tausende brummende Fliegen. Ich wankte. Wie Millionen kleiner Insekten. Würmer die sich im Kopf wanden, Käfer, die herumschwirrten. Spinnen.
Ich hatte mich ans Pult gesetzt und ohne dass ich es bemerkt hätte, zu schreiben begonnen. Beim flackernden Kerzenlicht hab ich geschrieben, ich wusste nicht, was. Mein Kopf war schon mit mehreren Bierkrügen gefüllt und es war mir egal, ob das Geschriebene einen Sinn machte. Solange ich einfach nicht daran denken musste. Ich litt unter der Qual. Ich wankte unsicher auf dem Stuhl, doch ich schrieb weiter.
Genial so wie alles, was noch anschließt... T_T
Und irgendwann bringe ich es auch zu angemessener Kritik.

Zaubertinte: [Du bist ja soo ein Sadist. òÓ]
Als ich erwachte, seufzte ich laut, doch nicht unter den Höllenschmerzen, die mir der gestrige Tag hinterlassen hatte. Ich seufzte; heute war ein weiterer Tag. Der Tag meines Körpers unter der Herrschaft der Seele. Und ich sah die Körper, und die Seelen, wie sie zu langen schmerzhaften Hieben ausholten, ich hörte die Peitsche knallen. Mir standen leere Tränen in den Augen. Der Rausch war wohl noch nicht ausgeschlafen. Ich lag noch immer im Bett und starrte abwesend aus dem Fenster. Das Schiff wippte friedlich hin und her. Unter einem schrecklichen Kater entwand ich mich dem Bett und schlurfte zum Tisch. Das Blatt lag da. Da stand:
>Liebe Freiheit, ich möchte höflichst meine Bitte kundtun. Und auch wenn wir alle wissen, dass es Euch nicht mehr gibt, so hoffe ich doch sehr, dass Sie mich erhören werden: Lasst mich frei! Ich weiss, dass nur Sie dazu im Stande sind, weil Sie auch diejenige waren, die mir die Ketten anlegte. Es gibt so viele andere, die Sie in ihren Fesseln halten und ich möchte mich von dieser Gefangenschaft losreissen. Sie wissen, ich bin krank, ich bin nicht mehr fähig etwas zu ändern, und so bitte ich Sie mich zu entlassen. Mein Tod ist nah. So erlasst mir doch diesen Wunsch.
Gruss ergebener Edward.<

Das allerseltsamste war der Umstand, dass das einzig Sonderbare, das mir als erstes auffiel, die untypische Schreibweise war. Erst danach kroch mir langsam die Kälte den Rücken herunter. Ich war zur befremdeten Statue versteinert. Was ich geschrieben hatte war seltsam. Sehr seltsam. Und doch war es mir viel zu wenig seltsam. Was da stand erschreckte mich, keine Frage, doch war das nicht das einzige Gefühl, das mich überkam. Ich war bedrückt von Mitleid, ganz so als hätte es jemand geschrieben, der nicht mehr zurechnungsfähig war.
…Gestern Abend war ich es ja auch nicht mehr.
Ich hörte Schritte auf dem Gang. Sofort schaute ich zur Uhr. Ich musste mich beeilen. Schnell zog ich mich an, entzündete eine Zigarette und betrachtete aus dem Augenwinkel den Brief, als hätte es damit etwas Unberechenbares auf sich. Vielleicht stimmte es…
Ich drückte die erst aufgeglühte Zigarette auf dem Pult aus und warf sie sorglos in den Aschenbecher. Ich stürmte aus der Kajüte, riss die Tür auf und trat geschwind auf den Korridor. Dahinten war er schon. Eine massige Gestalt bewegte sich auf mich zu. Der Mann trug einen schwarzen Massanzug. Natürlich, Kleider für Fleischkugeln wie der es war, gab’s nicht in der Massenproduktion. Die Kugel überflog die Dokumente in seiner Hand im Laufen und er lief erstaunlich schnell. Der Helfer nahm hastig die Blätter entgegen, während ihm der Mann etwas zugrunzte.
Der Kontrast war lächerlich. Während man der Kugel im Massanzug zugetraut hätte durch die Gänge zu rollen, stand der viel zu gross gewachsene Helfer unbeholfen und den Kopf unter der Decke eingezogen neben ihm. Einige Blicke von Mitreisenden verfolgten missmutig die Hast. Während ich wartete strich ich meinen purpur-schwarzen Nadelstreifenanzug glatt. Der Hut sass schon recht.
Als die Gehetzten vorbeizogen, gliederte ich mich geschickt ein. Ich durchschritt den Korridor, gleich hinter dem mächtigen Rücken des Helfers. Wir erklommen rasch die Treppenstufen zum Deck. Eine Kellnerin sah unsere Gruppe und eilte mit drei Cocktails herbei. Ich bedankte mich, doch die Kugel nahm das Glas nur schwungvoll und schweigend entgegen. Sie stand ans Geländer und überblickte den morgendlichen Ozean. Der Helfer stellt eine Frage, gewohnt diskret. Die Kugel gab mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie damit nicht mehr gestört werde. Der Riese trat mit einem Nicken weg. Wir tauschten einen nichtssagenden Blick. Ich lehnte ans Geländer neben dem Fleischbrocken. Wir schwiegen; wie gern hätte ich mit einem Satz vom Wetter geschwärmt, doch ich durfte kein Verständnis für solche Dinge erwarten.
Nach einer Weile durchbrach ich die Stille: “Sir?“ Der Mann grunzte. Ein gutes Zeichen, wollte er verneinen, hätte er mich hier und jetzt von Deck stossen lassen.
Ich wollte ihm gerade eine Zigarre anbieten, als er schon eine aus der Westentasche zog und in sein von Falten umkränztes Gesicht schob. Ich überlegte schnell, das war meine Pflicht. Ich wollte meine Frage hinauszögern, aber es war schief gelaufen. Ich hatte eine Notlösung bereit: „Ein Schach?“ Mir war ganz und gar nicht danach zumute und trotzdem fand ich Erleichterung, als der Sir nickte. Ich gab der Kellnerin ein Zeichen, sofort bereitete sie es vor. Wir schlenderten und als wir an einem sorgfältig verzierten Tisch ankamen, war das Brett mit Figuren aufgestellt und bereit. Es war kaum zu erkennen, doch ich wusste nach langem Hinstarren, es war ein Lächeln, das meinem Spielpartner beim Anblick des Schachs übers fleischige Gesicht huschte.
Sehr schön:).

Kritik kann ich eigentlich momentan nicht anbringen, da du sicherlich weisst, dass ich deinen Schreibstil gar besser finde als du ihn XD.
Aber vielleicht werde ich mir noch einmal mehr Zeit nehmen und das Ganze noch viel genauer anschauen. Schliesslich hast du dich für die verwirrte Evelyn ja auch abgerackert^^.
Nicht schlecht Herr Specht. ^^
Bin schon gespannd wie es weiter geht. ^^
Ich spielte ruhig und gelassen. Manch einer hätte es nicht mit meinem Gegner aufgenommen. Nicht weil er gut spielte, oder dieses gleichen, sondern weil sie mit den Konsequenzen rechneten, wenn man gegen „Sir“ El Pandora – der Name war nur einer unzähliger seltsamer, die mir schon über den Weg gelaufen waren – kämpfte. Pandora mochte nicht sehr weit bekannt sein, doch wer ihn kannte, der hätte sich nicht gegen ihn gestellt und sei es auch in einem Spiel. Denn jenem El Pandora, den nur zwei Schritte von mir trennten, gehörte die Welt.
Dieser Mann hatte alle Fäden in der Hand. Alle. Die Wichtigsten der Wichtigsten würden jedem seiner Wünsche Folge leisten. Er hatte Beziehungen in der ganzen Welt, in allen Bereichen, war gewieft und mächtig. Der Helfer, der für seine Verträge zuständig war, erntete wohl ein grösseres Gehalt als mancher Konzernführer.
Ich war am Zug.
Es war nicht gut, wenn ich solange bräuchte wie El Pandora. Er wurde schnell ungeduldig, aber ich kannte ihn wohl besser als jeder andere und wusste wie zu handeln war.
Mein Läufer durchzog das Brett.
El Pandora brummte. Das war seine Art Begeisterung zu zeigen.
Dieser Mann hatte die Fäden der Welt in der Hand, ich hatte ihn in der Hand. Seit Jahren war ich darauf geübt zu merken, wann er was will, wie ich ihm meine Meinung kundtue. Ich überlegte schnell und sorgsam. Viel meiner Achtung war darauf verschwendet gewesen, jedes Augenflattern, jedes unbewusste Zeichen zu deuten und entsprechend zu reagieren. Das war mehr, als man von einem Liebespartner nach einem halben Jahrhundert erwarten durfte. Doch war das natürlich nicht zu vergleichen. Ich war sein Hofdiener, sein Hofnarr. Sein gekaufter Freund, der ihn unterhalten musste. Viele vor mir hatten sich an dieser „Arbeit“ versucht und doch hatte niemand das geschafft, was ich erreicht hatte.
Die Macht der Welt lag in meiner Hand. Pandora hatte alle Fäden in der Hand. In der meinen ruhten die seinen und die Marionette selbst.
Die Macht war es damals gewesen, die mich faszinierte.
Die Macht, die mich nun dahin gebracht hatte, wo ich jetzt stand.

Das Spiel war bald zu Ende. Ich hielt mich zurück zu gewinnen. Sonst ging die Rechnung nicht auf. Ich durfte nicht zu oft gewinnen, weil es ihm den Spass verdürbe, er durfte nicht zu oft gewinnen, weil es ihm langweilig würde. Berechnung.
Ein leichtes Gefühl von Befreiung durchströmte meine Adern, als das Schach wieder abgeräumt wurde. Mein Gegenüber erhob seine Masse mühsam aus dem Sessel. Ich machte Anstalten ihm aufzuhelfen, doch er bedeutete mit einem strengen Wischen seiner Hand, man solle es gar nicht erst versuchen. Ich hielt einige Schritte Abstand und blickte über das Deck hinweg. Falls es an mir liegen sollte, zu bestimmen, was als nächstes zu tun sei, wäre ich bereit und ich hatte mehrere Möglichkeiten, die ich in meinem Inneren sorgsam auswog. Ich suchte den nächsten Schritt zu nutzen. Doch ich war auch froh, als El Pandora grummelte: „Allein.“
Das war ein eindeutiges Zeichen, er wollte in Ruhe gelassen werden. Hinter dem Mann steckte auf geheimnisvolle Weise etwas geniales, und ich fragte mich, was er tat, wenn er alleine war. Mit welchen Problemen er sich rum schlug. Aber das ging mich nun mal gar nichts an.
Ich wandte mich höflich ab und strebte auf die Bar zu. Ein alter Mann sass da, gekrümmt, gebrochen. Ich schwang mich auf einen Sessel nebenan. Der Barmann trat hinter die Theke und fragte, was es denn nachmittags sein dürfe. „Bier!“, ich kümmerte mich wenig um die angeekelten Cocktailtrinker. Ich bestimmte nicht eine Sorte und nahm auch nicht einen pseudokaribischen Mix, aber die Reaktion der anderen war mir völlig egal. Der ältere Mann neben mir, starrte gebückt auf sein Glas, er schwitzte und schien in sich verschlossen. Ich wartete einen Moment, ob er sich aus der Haltung lösen würde, als nichts geschah entschwand ein bedeutungsloses „Hallo“ aus meiner Kehle. Er schaute vorsichtig hinüber, schien überrascht, dass da jemand war, aber er glotzte mich nur mit weit geöffneten Augen an.
„Hallo.“ Und er verfiel wieder in sein Grummeln. Ich hörte einige Minuten konzentriert Musik. Aus den Lautsprechern über der Theke rieselte die leise Kakophonie in die Ohren der Besucher und stimmte sie genervt oder versetzte sie in eine stille Hypnose.
„Wohin wollen Sie?“
Er schaute mich verwirrt an. „Wie bitte?“
„Wohin, dass es gehen soll“
„Ach so. Eigentlich weiss das nur meine Frau. Sollte eine Überraschung sein.“
„Eine Überraschung?“
„Ja, zum Geburtstag.“, sprach er tonlos.
„Ach, zum Geburtstag? Sie scheinen nicht gerade begeistert.“
„Hm,…“, sagte er geistesabwesend.
Ich gab’s auf und richtete meine ganze Aufmerksamkeit auf mein Glas, wie ich das immer zu tun pflegte. Es leerte sich nur zögerlich. Ich sah ab und an aufs Meer hinaus und liess mich vom frischen Duft des Salzdunstes überzeugen. Der alte Mann fiel mir nur durch gelegentliches Glucksen auf, bis ich mich daran machte ihn zu beobachten. Es war ein charismatischer Typ, seine tiefen Falten und seine grauen Haare zeugten von grossem Wissen und Intelligenz. In mir keimte die Frage auf, wie sich so jemand nur betrinken wollte, und das nicht zu knapp. In seinem Blick lagen auch schon mehrere Drinks. Ich schaute ihn betroffen an. Nach einer gewissen Zeit, schien er meinen Blick bemerkt zu haben, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Er zuckte nur manchmal scheu mit der Schulter und rutschte auf dem Stuhl hin und her.
„Wissen Sie -Wissen Sie warum manche Menschen nie mit der Welt zufrieden sind?“, sprach er plötzlich. Ich zuckte zusammen. Mir war es nicht bewusst, aber es war eine jener Fragen, die mich beschäftigten. Die Tage und die Nächte. Ich war alles andere als zufrieden. Und das, obwohl ich ja eigentlich die Welt beherrschte, wie ich heute festgestellt hatte. Warum war es mir also unmöglich, Befriedigung zu finden? Ich suchte schon mein Leben lang nach Genugtuung.
Also hörte ich genau hin.
Er lehnte sich weit zu mir herüber, sodass ich seine Cocktails, die er diesen Nachmittag runter geschüttet hatte, erraten konnte.
Sein Gesicht war nachdenklich und er schaute mir prophezeiend in die Augen. Ob er tatsächlich so geheimnisvoll tat, oder ob ich mir das nur einbildete, vermochte ich nicht auszumachen. Ich war nervös, vielleicht hatte ich ein bisschen Angst, aber vor allem konzentrierte ich mich auf das, was ich hören würde, sodass mich alles andere wenig kümmerte. Das Gesicht des älteren Mannes ruhte immer noch vor meinem. Er atmete tief ein, suchte sich seine Worte wohl immer noch sorgfältig aus. Er setzte zum Reden an – doch er schien sich zu besinnen. Mit einem resignierten Gesichtsausdruck und einem bitteren Lächeln rückte er wieder gerade auf seinen Sessel.
„Bitte entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht mit dem Geschwätz eines alten Spinners belästigen.“
Perplex schaute ich mit offenem Mund an, wie der Mann die Bar verliess und langsam die Treppe zu den Kabinen herunterstapfte. Auf seine Frage hätte mir auf die Schnelle eine beschwichtigende Antwort einfallen müssen. Unter allen Umständen hätte ich seine Meinung dazu hören wollen, ihn irgendwie aufhalten müssen, aber ich blieb nur sitzen, den Blick auf die Stelle gerichtet, wo sein Kopf verschwunden war. Es war möglich, dass mich die Furcht vor der Antwort hatte zögern lassen. Keinesfalls wollte ich mir eingestehen, dass ich nicht schlagfertig genug gewesen war. Mir hätte bei einem Moment von solcher Wichtigkeit alles daran liegen müssen, ihm diese Lebensweisheit abzunehmen. Es konnte sein, dass ich die Meinung überschätzt habe, aber die Leere, die die falsche Hoffnung hinterlassen hatte, lag schwer in mir. Ich ärgerte mich unsäglich über meine Unfähigkeit.
Mit einer grossen Trauer, die mich mit einem Schlag überwältigte, starrte ich mit leerem Blick in den Himmel über dem Horizont.
„Und jetzt?“ Ich seufzte. „Was geschieht jetzt?“
Die Trauer lastete auf meiner Lunge. Erstickte mich. Ermüdete mich. Ich stand von der Bar auf. Warf etwas Geld auf die Theke. Ich wusste nicht, ob ich schon gezahlt hatte, und im Stande zu zählen, war ich nicht. Ich keuchte. War ich krank? Schweren Schrittes, doch zielstrebig torkelte ich ans Geländer. Sah das Wasser strömen. Der Bug durchschnitt weite, weite Ewigkeit. Rauschen. Meine Gedanken erwachten wieder. Lehnten sich auf. Traurige Gedanken.
Unendlich traurig. Ich schickte sie ins Wasser hinunter, versenkte sie in der Tiefe und liess sie davon treiben.
Doch es kamen neue. Und immer mehr. Sie versprühten am Bug in alle Richtungen. In die Luft. Trauer vermischte sich mit klaren Gedanken. Verwirrt. Trauer füllte mich aus. Machte mich schwer. Versenkte uns alle in der Tiefe. In die ewige See hinein.
Und doch war ich zu leicht zum Sinken. Zu schwer zum Schweben. Eingeklemmt. Trieb auf der Ewigkeit. Auf ewig.
Ich war nicht mächtig, die Gedanken aus meinem Bewusstsein auszuschliessen. Es war ein Spielplatz für Gefühle. Sie machten mich fertig, kümmerten sich nicht um meinen ausgestorbenen, in Trauer ertränkten Kadaver. Denn es war, wie wenn man verstossen ist, ausgeschlossen ausgegrenzt. Sie liessen mich nicht rein, liessen mich allein. Und spielten mit mir.
Ich sollte mit ihnen spielen dürfen!
Dunkler, klarer, heller, trüber Nachmittag.
Am Horizont ein ewiger Kampf zwischen Wasser und Luft. Doch die Trauer war zu stark. Das Meer frass den Himmel.
Trübe, helle, klare, dunkle See.
Das Wasser stieg an meinen Kopf, verschlang mich. Ich konnte nicht aufhören zu denken. Die Welt ist eine Tragödie in drei Akten und ich sterbe vor der Probe. Pessimismus. Alles ergründender, realistischer, teuflischer, mächtiger Pessimismus.
Ich versuchte die melancholischen Gedanken mit Wut zu neutralisieren.
Aber es ging nicht, denn alles war zu traurig.
Einsam.
Verloren.
Verschwunden.
Gefressen.
Verschluckt.
Verdaut.
Gedanken.
Sie sollten mich loslassen!
Ein neuerlicher Anfall hatte mich ergriffen. Ich schaute noch einmal zum Wasserstrom.
Ich schüttete mich aus, was schon lange in mir gelegen hatte.
Alkohol, Gedanken, Trauer. Ich weinte, während ich mich übergab. Schüttete meine Seele aus vor der Ewigkeit und versenkte die Gedanken für ewig darin.
Doch sie sanken nicht, das wusste ich. Trotzdem war ich beruhigt, entlastet, befreit. Meine Umgebung war verschwommen. Zerflossen in der Träne.
Ich weinte. Einige Passagiere sahen mich missmutig an. Sie wichen dem Verrückten aus, der am Geländer lehnte, auf dem Boden sass und seltsam schluckte. Ich konnte den Mann verstehen, der sich mir im letzten Moment verschlossen hatte. Die Leute hier waren weder offen, noch freundlich. Sie waren allesamt einfach nur widerlich.
Ich hatte aufgehört zu weinen. Tränen trockneten. Ich fühlte mich frei.
Unsäglich frei.
Und nur noch wenig einsam. Der säuerliche Geschmack von Mageninhalt, lag mir auf der Zunge. Der Nachgeschmack von Traurigkeit, Melancholie, Gesellschaft und allen anderen Gründen, aus denen man sich betrinkt.
Ich wollte mich ein neuerliches Mal übergeben, aber ich war zu erschöpft, blieb kraftlos sitzen, atmete schwer. Nur der Barkeeper warf mir ab und an einen bedeutungslosen Blick zu, alle anderen wussten die Probleme der Mitmenschen zu übersehen.
Und irgendwo am seltsamen Nachmittagshimmel erblickte ich den verträumten Kopf meiner Marionette.
Zwischen Himmel und Oberdeck, nachdenklich. >Meine Marionette<, der Ausdruck hatte etwas Heuchlerisches, wirkte aber vertraulich und ich freundete mich sofort mit ihm an. Der schwarze Zylinder auf dem runden Kopf wankte gefährlich im Wind, es konnte aber auch nur das Flimmern am Horizont sein. Es war mir überhaupt ziemlich egal. Ich atmete frei und unbeschwert. Ich war nicht glücklich, aber von Zufriedenheit eingenommen.
Sass am Geländer, bis es dämmerte. Die Bedienung erweckte dazwischen immer wieder den Anschein, mich ansprechen zu wollen. Man wollte mich scheinbar darauf hinweisen, dass ich keinen guten Eindruck bei den Passagieren mache, aber niemand hatte den Mumm dazu. Ich verfolgte ihr unentschiedenes Hinundherwanken nur mit ausdruckslosem Gesicht.
Eure Geldbeutel können nicht weglaufen. Wir sind auf einem verdammten Schiff zusammengepfercht, also beruhigt euch. Was wollen sie schon machen?
Erschöpfte Gedanken wanderten nur langsam durch meine Gehirnwindungen. Ich war müde, zu müde um aufzustehen. Was wollte ich denn machen, fragte ich mich. Ich fluchte und schimpfte innerlich solange, bis ich stöhnend und seufzend äusserlich aufstand. Meine Augenlieder hatten sich einen Spass daraus gemacht, immer wenn ich nicht aufpasste, zuzuklappen. Wie kleine Kinder, die man nicht allein lassen durfte. Ich stolperte die Treppe hinunter und irgendwann kam ich in meinem rettenden Zimmer an, und liess mich aufs Bett fallen. Bevor ich den weichen Stoff unter mir spüren konnte, war ich eingeschlafen.

Wellen. Konnte sie hören, konnte sie spüren. Wippen. Das dumpfe Schaukeln liess mich ausgestreckt liegen. Das Bett unter meinem Ohr dröhnte. Der Stuhl und der Tisch tanzten.
Ich wagte nicht an meine Schmerzen zu denken. Zog meine Hand unter meinem Körper hervor und warf sie weit fort, wo sie mich nicht störte. Ich war unfähig mich zu bewegen. Ich war einfach nur müde. Ich lag benommen auf dem weissen Laken, bewegte mich nicht, schwieg. Und ich konnte endlich dem Denken eine Pause gönnen. Konnte einer Leere und einer damit verbundenen, erfrischenden Langeweile endlich die Tore zu meinem Geist öffnen. Dabei war ich nicht einmal erleichtert. Trägheit hatte mich ans Bett gefesselt.
Lag Stunden so. Schaukelte. Zählte nur die Bewegungen des Schiffes. Der Rhythmus war beruhigend. Bewegte meinen Kopf nicht mehr. Stummer Streik. Passiver Widerstand.
Gegen Gedanken.

Als ich es bis zum Deck geschafft hatte, war es bereits Nacht. Ich stutzte ein wenig. War jetzt heute? Oder gestern? Und mir wurde unwohl, begann zu schwitzen. Eine Cocktailparty, illuminiert von rotem Licht, schien sich auch schon in feuchtfröhliches Gewässer gesenkt zu haben. Ich prüfte das Geschehen nur mit kurzen, klärenden Blicken. Ich suchte nach meiner Marionette. Die Feier schien meinen Kopf zu vernebeln. Sah nur kurze Momente. Verschwommene Bilder. Farben. Ich war nicht betrunken, doch die Gedanken lasteten nicht mehr auf mir. Ich war leer und unfähig mir über meine Leere den Kopf zu zerbrechen. Irgendwo sah ich den Helfer. Alleine an einem Tresen. Sein glasiger Blick deutete darauf hin, dass er abgelenkt war. Er beschäftigte sich sichtlich mit seinen Geschäften, nagte an einem Stift, hatte notfalls ein leeres Notizbüchlein neben sich liegen und gähnte ab und zu. Tödlicher Stimmungsmacher.
„Hast du El Pandora gesehen?“, fragte ich ihn.
Erschreckt und dem alten Mann gleich wurde er jäh aus seinen Gedankenströmen gerissen. Er schaute mich verwirrt an, ich ihn aufdringlich. Er versuchte mich mit bösem Blick zu bestrafen, aber er war immer noch von seinen Geschäften bestimmt, die in seinem Unterbewusstsein herum geisterten. „Ja. Er ist irgendwo auf der Party. Er wollte immer nur allein sein, wahrscheinlich fehlte ihm das tägliche Gespräch mit dir. Ich konnte jedenfalls nichts mit ihm anfangen“
Ich nickte ihm dankbar zu und er wandte sich sofort wieder Wichtigerem zu. Ich rannte durch die Menge. Ab und zu, wenn mir ein Mädchen gefiel, bremste ich meine Schritte ab, doch auf der ganzen Party war El Pandora nicht zu entdecken. Ich verliess das Gedränge, stand an die Reling und überblickte die Feier. Dann verfolgte mein Blick das Geländer, bis es in der Dunkelheit verschwand. Mit mir selbst im Widerspruch suchte ich das Deck ab. Wenn ich es ums ganze Schiff herum schaffte, blieb mir nur noch die Möglichkeit den Helfer zu alarmieren. Die Musik lag in meinem Rücken. Drängte direkt in meinen Hinterkopf. Und von vorne strömte das Geräusch der Wellen entgegen.
Ich umkreiste das Vorderdeck. Blieb am Bug kurz stehen, hielt meinen Atem an und lauschte dem Wasser. Dann löste ich mich widerstrebend aus der Erstarrung. Niemand war da. Keine Marionette. Ich hatte die Fäden aus der Hand gelassen!, versuchte ich mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Aber es war mir egal. Ich war zufrieden.
Als ich die Hälfte hinter mir gelassen hatte, war ich wieder auf der Party. Zwischen wirbelnden Abendkleidern sah ich den Helfer. Als hätte er meinen Blick gespürt, schaute er von seinen Notizen auf. Suchte sich verwirrt. Fand sich überraschend. Dann entdeckte er mich. Wir wechselten einen Blick und seine Miene zeigte sich anschuldigend. Ich lächelte in mich hinein. Versuch du nur meine Gleichgültigkeit zu besiegen. Und ich umkreiste weiter das Schiff. Mit lockeren Schritten und lässigen Gesten tanzte ich mir den Weg durch die Dunkelheit. Einige Fackeln waren entzündet, was auch nur half, das Deck bis zum Geländer zu betrachten. Das Meer aber war vom Dunkel überschwemmt.
Bis zum Heck hatte ich meine Marionette noch nicht wieder gefunden. Doch als ich da ankam, sog ich die salzige Meerluft ein. Eine alte Gestalt, schlanker als El Pandora, lehnte sich übers Geländer. Das graue buschige Haar glänzte im Fackelschein. Unser alter Bekannter. Der Typ von der Bar. Der Weise mit der alles erschliessenden Antwort. Er schien mich nicht bemerkt zu haben, rührte sich nicht. Die Ruhe selbst. Ich trat neben ihn. Er warf mir einen überraschten Blick zu, doch er fasste sich sehr schnell. Tat, als wäre ich nicht da. Und ich seufzte über diese Durchschaubarkeit. Er schaute in die Ferne. Oder in die Nähe. In die Schwärze, die endliche Unendlichkeit. Und trotzdem war er nicht da, wo er war. Und auch nicht da, wo er hinblickte. Er war irgendwo im Kopf. Weit weg. Bei Antworten, die ich mir wünschte.
„Könnten Sie das wiederholen, was Sie mir sagen wollten, da an der Bar? - Sie wissen schon.“
Er schaute mich an. Sein Blick war verschleiert. Sein Auge mit einer Träne bestückt. Auf einmal hatte ich den Drang diese Träne zu fassen. Hatte das Verlangen diese Perle zu erwischen und ich klemmte meine Hand zwischen das Geländer und meinen Körper, damit ich nicht etwas Falsches täte.
„Haben Sie meine Frau auf der Feier gesehen?“, lenkte er ab.
Ich kratzte mich am Kopf. Ich wusste noch nicht mal, was gefeiert wurde. Und ich wusste nicht, dass er eine Frau hatte.
„Es tut mir Leid, ich mag mich nicht erinnern.“
Er schaute mir kurz in die Augen, nickte dann.
„Besser so.“
„Wieso – Wieso sagen Sie das? Ich dachte, sie hätte Ihnen ein Geburtstagsgeschenk gemacht? Woher rührt der Missmut ihrer Frau gegenüber?“
Und ich durchsuche Erinnerungsschränke. Schublade um Schublade, suche nach Möglichkeiten, wie ich einen kleinen Teil meiner Welt wieder verstehen konnte. Ich dachte an alle Szenerien, wie sich zwei wahrscheinlich schon lange verheiratete Menschen nicht mehr verstehen könnten.
Sein Gesichtsausdruck zeigte sich nicht begeistert davon, mir seine privaten Beziehungen anzuvertrauen. Ich wunderte mich ein wenig darüber, denn mir kam es vor, als kannten wir uns schon gut, gut genug. Schon lange. Und ich vergass, wie fremd wir uns waren. Tabu gebrochen. Diskretion überbrückt. Menschliche Moralvorstellungen in den Grundfesten erschüttert. Doch es war mir alles egal.
Er seufzte leise.
„Hatten Sie schon einmal das Gefühl ausgenutzt zu werden? Ach was, bestimmt! Aber nicht in meinen Verhältnissen. Meine Frau nutzt mich aus. Was sage ich – die ganze Welt nutzt mich aus! Das Geschenk war Berechnung. Sie schenkte es mir, damit ich mein Erbe doch antrete.“, er sah meinen verständnislosen Blick, „Mein Vater hat mir eine Diamantenmine in Afrika geschenkt. Sie war oft ertragreich, aber ich und meine Geschwister haben beschlossen, sie einzustellen. Sie war Ausbeuterei der Arbeiter, ausserdem hatte sie nur Verderben über die Familie gebracht. Ach, das ist eine andere Geschichte. Meine Frau will jetzt um jeden Preis mit diesem Schiff nach Afrika reisen um die Arbeit in der Mine wieder aufnehmen zu lassen. Deshalb hat sie mich auch auf dieses Schiff gebracht. Weil es ein Geschenk war, konnte ich es natürlich nicht ablehnen. Ich wusste noch nicht einmal wohin es gehen sollte, als sie mir noch so freundlich eine Überraschungskreuzfahrt anbot.“ Er seufzte erneut. „Meine Frau ist geldgierig. Nehmen Sie sich vor solchen Menschen in Acht. Nichts ist ihnen lieb.“
Er stieg auf das Geländer und streckte die Hände nach der Dunkelheit aus. Ich lachte überrascht, fand es belustigend. Ich war wohl doch noch etwas berauscht. Auf dem Gesicht des Mutigen deutete sich ein bitteres Grinsen an.
„Sagen Sie meiner Frau, dass ich sie liebe. Irgendwie.“
Diese Worte klangen abschliessend, verboten jeden Einwand. Es waren mächtige Worte. Und ich war überrumpelt von dieser plötzlich neuen Situation und lachte wieder verwirrt. Es war mir unheimlich, aber ich kicherte trotzdem. Mir war alles egal.
Er überlegte kurz. „Ach ja, Sie wollten doch noch wissen, wieso, dass manche Menschen nie mit der Welt zufrieden sind.“ Ich horchte auf. „Weil sie die Wahrheit erkannt haben.“
Ich spürte, dass das nicht die wirkliche Antwort war. Sie durfte es nicht sein. Sie befriedigte mein Unwissen nicht. Es klang spontan und unüberlegt und ich schaute den alten Mann prüfend an.
„Sie müssen es mir ja nicht glauben“, sagte er mit einem Achselzucken, ehe er sich vom Geländer ins dunkle Wasser stürzte. In die tiefe Ewigkeit. Ich hörte seinen klatschenden Aufprall und sein Keuchen angesichts des kalten Wassers. Ich lehnte mich ans Geländer und musste ein wenig nachdenken. Ich hätte die Schiffsmannschaft holen können. Ich hätte um Hilfe rufen können. Das hätte der Mann auch wissen müssen. Und ich spannte die Muskeln an. Erwartete man etwas von mir? Er musste doch annehmen, dass ich ihn da herausholen würde. Doch ich lehnte nur ruhig ans Geländer und wartete. Mein Gewissen versuchte mir dringend etwas zu sagen. Dass ich ihm helfen sollte wahrscheinlich. Doch es war nur ein Flüstern. Etwas anderes ärgerte sich über die falsche Antwort, die mir der alte Mann schlussendlich gegeben hatte und äusserte sich deutlicher. Ich hatte einen Gram auf diesen lässigen Umgang mit meinen Gefühlen und Prioritäten, er schien nicht gewusst zu haben, wie viel mir das bedeutet hatte.
Ich hörte, wie er davon trieb. Schnell verschwand er im Dunkeln. Mit jeder Sekunde war er weiter weg. Ich musste ihn jetzt retten! Gleich war er für immer verschwunden.
Doch es war mir alles egal.
Und ich trat unbekümmert vom Geländer weg und setzte meinen Gang fort. Hoffentlich würde ich meine Marionette irgendwo finden.
Die Party erschöpfte sich bereits. Es wurde kalt auf Deck und die Leute zogen sich zurück. Und endlich sah ich El Pandora. Er stapfte von der Aussichtsplattform hinunter und zündete sich gerade eine Zigarre an. Das Glühen verschwamm in der Menge der anderen Lichter. Ich hielt auf ihn zu, bereitete mir die ersten Sätze vor. Als ich vor ihm angekommen war, hatte er die Treppe hinter sich gebracht. Ich wollte meine Sätze aussprechen, doch ich sah, dass er mir nicht zuhörte. Ich sprach trotzdem, aber ich hörte mir selbst nicht zu und ich fühle mich nicht im Stande das nun auch nur inhaltsgemäss wiederzugeben. Doch statt weiter zu schweigen, und mich wie so oft in betretener Stille sitzen zu lassen, wandte er sich plötzlich mir zu und musterte mich.
„Ich habe letztens einen alten Mann gesehen. Weisse Haare. Er befindet sich mit seiner Frau auf dem Schiff, soweit ich weiss.“, er starrte mir in die Augen, „Hast Du ihn gesehen?“
Mein Mund wurde trocken. Ich begann zwar zu schwitzen, aber es war mir nicht unwohl. Es war, als hätte mein Unterbewusstsein Überhand genommen. Ich kam mir animalisch vor. Spürte die Einfachheit meiner Gedanken. Wären wir doch alle dumm.
„Nein, tut mir Leid“, antwortete ich, bevor ich mir Gedanken machen konnte, bevor ich auch nur reagieren konnte. Ich hatte mich selber überrumpelt. Diese Art von Törichtsein war nicht dasselbe, wie die Dummheit, von der ich immer geschwärmt hatte. Ich hatte eine unbiegsame Gleichgültigkeit in mir. Einen Stock in meinem Körper, und alles ging in die Knie vor ihm. Niemand wagte den Widerstand zu brechen, ich selber nicht. Es war eine wunderbare Freiheit, die ich in diesen Momenten lebte und ich wollte nicht wieder zurück. Nicht wieder unter „die Herrschaft des Körpers“.
Also liess ich mich treiben. Auf dem ewigen Meer der Gleichgültigkeit. Es ist mir egal, es ist mir alles egal!, jauchzte mein Geist.
Und El Pandora verzog seine Fratze nur zu einem Lächeln und sagte: „Kein Problem, kein Problem“ Jetzt begann er sogar zu lachen. Er verstrubbelte mein Haar und in seinen Augen glänzte väterlicher Stolz. „Einverstanden!“
Mir war es unerklärlich, doch die Neugierde in mir war nicht zu stark, trotzdem war es unheimlich und deshalb suchte ich halbherzig nach dem Grund für sein Verhalten. Die Situation war mir vollständig entglitten, wie noch nie. Und ich freute mich darüber. Ich sandte meine Blicke in alle Richtungen aus und da erkannte ich es – die Aussichtsplattform.
Er hatte alles beobachtet. Seine Prüfung bestanden. Er wusste, dass der alte Mann vorhin gestorben ist, oder möglicherweise immer noch an diesem vollendenden Prozess war. Und die Situation war mir noch unheimlicher als vorhin. Wieso hatte meine Marionette so einen Gefallen daran?
An meinem – Mord?
Ich versuchte verzweifelt mein Gehirn zum Denken zu bewegen, doch es sprang nicht an. So hatte ich keine Wahl. Ich musste mich aus Gesprächen raushalten, ich lief Amok mit meiner Vernunft. So entschuldigte ich mich bei meiner Marionette und schritt hinunter zu meiner Kabine. Ich musste schlafen. War eine Gefahr für die Welt und für mich selbst.
Die Welt blickte mich an, und ich blickte zurück. Ich war so klein in einem Universum voller Fragen. Voller gewisser Ungewissheit. Ich seufzte, um aus meiner Tiefe zu spüren ob ich noch sei. Schwache Erleichterung machte sich breit. Ich war.
Mein schwerer Atem stiess ins Kopfkissen und schlug mir dann wieder ins Gesicht. Es war heiss in der Kabine. Die Sonne stach durchs Fenster auf meinen Rücken. Mein Schädel brummte ohrenbetäubend. Ich war wach.
Ich brauchte einige Sekunden um mich zu orientieren. Danach sprang ich auf und zog mich an. Meine Marionette, ich durfte sie nicht solange im Stich lassen!
Ich musste erst einige Versuche machen, ehe ich wusste, dass mein schlechtes Gewissen zurückgekehrt war. - Ich war.
Als ich die Treppen zu Deck hinaufstieg, blendete mich die Sonne. Es dauerte blinde Sekunden und ich kam mir blossgestellt vor. Blossgestellt vor solchen, die mich möglicherweise beobachten könnten. Aber, als sich die Augen an die Grelle gewöhnt hatten, bemerkte ich beruhigt, dass das Deck fast ausgestorben war. Träge rutschten einige auf dem Barhocker. Ab und zu hob einer der wenigen auf den Liegestühlen die Hand, um sich mit einem Drink die austrocknenden Lippen zu benetzen. Mal einer fuhr sich durch die verschwitzten Haare. Die träge Stimmung des Schiffes versuchte von mir Besitz zu ergreifen, doch ich wehrte mich. Ich war keine Marionette meiner Gefühle. Ich härtete mich ab und machte mich auf alle möglichen Versuchungen gefasst, ich wollte nicht glücklich dahinvegetieren. Ich versuchte mich zu bewegen um nicht Wurzeln zu schlagen, wusste nicht wohin, doch meine Füsse suchten die Bar heim. Nein, nicht schon wieder!, dachte ich. Ich erinnerte mich, wie es das letzte Mal ausgegangen war. Schnell und möglichst natürlich drehte ich ab und zielte auf die Aussichtsplattform. Die Treppe neben der Bar liess sich leicht besteigen, mit den aufkommenden Lüften fühlte es sich an, als würde mein kläglicher Körper von den Winden verweht. In den Himmel getragen.
Auf der Aussichtsplattform sammelten sich doch einige Häufchen von Leuten, und diskutierten emotionslos. Ich wiederum, wusste nicht wie weiter, hatte plötzlich unerklärliche Angst davor, ziellos aufzutreten. Es war durchaus Sommerstimmung auf Deck, doch ich fand meine Rolle vor der Kulisse nicht. Ich stand also da, die Treppe im Rücken und durchsuchte verklemmt die Menschentrauben mit meinen Blicken. Ich stand eine geschlagene Minute da, in mir wuchs Unmut und ich fühlte eine Einsamkeit in meinen Kopf steigen. Ist hier jemand? Ich schlenderte am Geländer entlang, nachdem mich erste verdächtigende Blicke trafen. Doch musste ich immer wieder Menschen ausweichen, die sich nicht um meine Wenigkeit kümmerten, und denen man nur leicht an der Richtungsänderung ansah, dass ich da war. War ich? Noch?
Plötzlich hörte man Stimmen von unten. Ich wechselte schaulustig das Geländer und beobachtete gespannt den Tumult auf Deck. Von der Aussichtsplattform hatte man einen guten Überblick. Einige Matrosen diskutierten erregt mit einer Frau, die einen verzweifelten Eindruck machte. Ihr hübsches Gesicht war verzerrt. Sie verwarf die Hände und versuchte der Schiffsbesatzung klar zu machen, dass etwas zu tun sei. Ich schaute nur hinunter und es dauerte eine Weile, bis die Stimmen lauter und sicherer wurden und ich verstand, dass es sich um den Mann der Verzweifelten handelte, der sich offensichtlich nicht mehr an Bord befand.
Und nur ein einziger Gedanke lebte in meinem Kopf, brüllte durchdringend.
Sie suchen dich.- Sie suchen dich.
Sie suchten mich. Das Blut stieg mir in den Kopf, ich wollte Atmen, und konnte nicht. Ich war verklemmt, drückte verkrampft das Geländer in meinen Bauch, sodass es mir die Luft abschnürte. Sie suchen. Sie suchen. Sie suchen mich.
Drei der Matrosen schwärmten aus, um das Gewässer in der Nähe abzusuchen. Die anderen versuchten erfolglos die Frau zu trösten und standen verlegen im Kreis. Passagiere auf der Aussichtsplattform waren mittlerweile auch aufmerksam geworden und lehnten sich ans Geländer. Ich ertrug ihre Kommentare nicht mehr länger. Dieses unerträgliche Mitleid. Und was ist mit mir?
Es schien mir, als sei ich das Opfer. Sah denn niemand mein Leiden? Was konnte ich denn dafür?
Ich wagte es nicht mich zu bewegen, drückte die Eisenstange nur noch heftiger in die Magengegend.
Da sah ich El Pandora zur Traube auf Deck stossen. Er erkundigte sich mit gespieltem Unwissen, worum es sich denn handle. Der Matrose war sichtlich froh darüber, nicht untätig und verlegen die Klagen der Frau entgegen zu nehmen. Ich hörte nicht, wie genau das Gespräch zwischen meiner Marionette und dem Matrosen lautete, doch beruhigte mich die unschuldige Miene El Pandoras. Ich spürte irgendwoher, dass er mich nicht verraten würde. Dafür hatte er zu sehr Gefallen daran.
Die Frau wurde nach ungefähr einer Minute in die Kapitänskabine geschoben und die danach eintretende Stille schmerzte beinahe. Nun war es mir auch möglich von hier oben El Pandora zu hören.
Während ich wohl langsam blau anlief, verfolgte ich gespannt die Situation.
„Ja, ich wurde gestern wegen eines Geräusches aus dem Schlaf gerissen. Mein Gott, ich glaubte ein Platschen zu hören!“, log El Pandora geübt.
„Könnten sie mir sagen, wo Ihre Kabine liegt?“, fragte der sichtlich interessierte Matrose. Es war als wäre der jugendliche Detektiv in ihm geweckt worden.
„Aber natürlich, ich schlafe im hinteren Teil, Kabine 43, nein warten Sie, -“, der Rest verstummte unter dem Gekreische der wieder aus der Kabine gelassenen Frau. Beängstigend drangen die Worte: „Ein Unfall! Es musste ein Unfall gewesen sein!“ aus ihrer heiseren Stimme.
Sie kam nicht plötzlich, nicht schlagartig hereinbrechend, nein, ich war gefasst auf die Verzweiflung die stetig in mir wuchs. Unbändig wucherte. Ich war verklemmt, eingeklemmt. Und ich wusste nicht was tun. Der Himmel brach über mir ein. Die Wolken schlugen zu, schraubten sich mir entgegen, bedrückten mich. Und während mir langsam die Luft ausging, fielen die ersten Regentropfen auf Deck. So in Angst ersoffen, etwas Falsches zu tun, bewegte ich mich nicht. Die Zeit zog vor mir vorbei. Die schuldigen Leute, die vorhin noch auf Deck das Geschehen beobachteten, zogen sich zurück, ehe sie das Gewitter erreichen konnte. Ich war alleine. Verlassen.
Nur den Blick El Pandoras konnte ich noch spüren. Ich schaute ihn an. Unsere Blicke ruhten, nur gestört von grossen Regentropfen, auf unseren einsamen Schatten.
Mindestens eine geschlagene Minute lang musterten wir uns, und ich überlegte mir, was meine Marionette überhaupt war. Was denn? Ich wusste, dass sie mächtig war. Dass jeden, der sich in ihren Weg stellte, die Demut niederwalzte. Eine Aura umgab El Pandora immer. Eine Macht, die unbezwingbar war. Selbst für mich, der ich immer glaubte, ihn jederzeit unter Kontrolle zu haben. Was war das denn nun, das sich zwischen mich und meine Marionette schob? Irgendetwas in grauen Regen gekleidet, trennten uns, blockierte meine Fäden. Und doch war El Pandora mir mehr Mensch als je zuvor.
Er versteht mich.
Und das beängstigte mich. Er durfte mich verstehen. Hiess das, er durchschaute mich?
So weit durfte es noch nicht gekommen sein. Es war ein stiller Kampf um die Vorherrschaft über die Marionette. Der Blick zog sich durch das Schiff und still tobte eine Schlacht. Es war kein böser Blick, keine Wut. Kein Hass und keine Kälte lagen darin. Es war emotionslos, doch nicht kalt, war wie das Ringen um Macht.
Es dauerte eine geschlagene Minute, bis sich El Pandora abwandte und zu den Kabinen hinunter stieg. Dann stand ich alleine da im feuchten tropischen Regen. Betrachtete die wenigen, beschäftigten Matrosen und fragte mich, ob ich das Land jemals wieder sehen würde. Erst vier Tage befand ich mich an Bord und ich war mir Reisen eigentlich auch von El Pandora gewohnt, doch diesmal hielt ich es fast nicht mehr aus. Das Land schon ewig nicht mehr gesehen, von der ewigen Dialektik von Himmel und Meer verwirrt, durcheinander gebracht. Ich hatte meine Orientierung verloren, in allen Beziehungen. Und ich fragte mich, wohin diese Höllenfahrt wohl gehen würde. Alle meine Gedanken waren mit einem Gefühl von starker Bestimmtheit in meinem Magen unterlegt. Immerzu musste ich an den alten Mann denken. Einfach hinunter gesprungen. Ich kniff die Augen zusammen vor dem Gedanken, der auf mich zukam. Der Gedanke an das Letzte, was ich von ihm gehört hatte, bevor er schon so gut wie gestorben war. Das Platschen. So unnatürlich. Ein kaltes grobes unbezwingbares Geräusch. Und in dem ich versuchte es in Worte zu fassen um es so vielleicht zu neutralisieren, überzog mich die Kälte der tropfenden Kleider.
„Bum“, hatte er gemacht. Seine klägliche Gestalt in die Ewigkeit geworfen, war es das einzige Geräusch, das irgendetwas auszusagen vermochte. Das mir dafür seine ganze Lebensgeschichte erzählte. Ein Geräusch, das mir immer wieder in den Ohren nachklang. Ein mystischer Klang, wie das pochende Herz. Immer und immer wieder. Ich hatte Angst davor, zog den Kopf ein, presste die Augen zusammen, wenn ich bemerkte, dass der Gedanke wieder erwachte. Bum.
„Schatz was nimmst du heute? Soll ich dir ein Glas bringen? Und einen Toast?“
„Gern, und, wenn du schon dabei bist, den Tee auch noch gleich“
Man mochte es mir nicht ansehen, aber mir drehte sich der Magen um. Ich hatte den Tunnelblick, hörte nur was gesagt wurde und mir wurde schlecht ob der Zärtlichkeit, Schlichtheit und aufgesetzten Stimmung der Dialoge. Der Schädel brummte mir wie jeden Morgen, aber diesmal sass ich einfach nur da. Still, verschlafen wankend, Wut in mich hineinfressend. Ein unendlich langes Brummen von unbeschreiblicher Resonanz. Kaum zu glauben, dass es manchmal unter den Dialogen, unter dem Geschrei der Möwen unterging.
Wir waren in der Nähe der Küste, das konnte ich spüren. Spüren im Inneren. Es war seltsam: Ich war in meinem Körper abgeschirmt von allem. Und es gefiel mir. Wie schon immer. Früher mochte ich das Zelten. Wann immer es ging, übernachtete ich mit einem Freund im Garten meiner Stiefeltern. Und abends hörte ich den leisen Atem, die Tropfen, die matt auf dem Stoff aufschlugen. Geräusche von Tier und Wind, die vielleicht mehr, vielleicht weniger waren. Und es hätte mir Unbehagen bereitet, wenn ich mich nicht so ungeheuer wohl gefühlt hätte im Zelt.
Und hier, hier war es nicht anders. Es war alles nur Wind und Tier.
Ich betrachtete meine Tasse Kaffee, deren Oberfläche sich langsam und behutsam kräuselte. Das verwunderte mich, schliesslich, war der Tisch hier absolut windgeschützt. Wir bremsen? Schon konnte ich erste Stimmen vernehmen. Erfreute Rufe, man lege an der Küste an. Ich hob verwundert den Kopf. Was zum Teufel…? Wieso ans Land? Wieso wusste ich davon nichts? Natürlich, ich hätte auch selber darauf kommen sollen, dass wir nicht so lange immer nur der Küste entlangfahren würden. Ohne Proviant, ohne Pause. Aber es bereitete mir Unbehagen. Einerseits, weil ich es hätte wissen müssen. El Pandora vertraute mir immer alle Reisepläne an, denn ich musste oft organisieren, oder meistens Notlösungen bereithalten. Und jetzt wurde ich betrogen. Was war ich mehr? El Pandora, was ist los mit mir?
Alle Leute waren aufgestanden und an die Reling gelehnt, um zu sehen, wohin die Reise gehen würde. Ich blieb sitzen zum Trotz und dachte verbittert über die Niederlage nach. Wo führst du mich hin zum Teufel? Was weht mir? Und in mir wuchs die unbegründete Angst, dass er mich im Stich lassen würde. Mich nicht mehr ins Schiff zurücknehmen würde. Immerhin benahm sich die Marionette in letzter Zeit äusserst merkwürdig und zurückhaltend. Aber trotzdem, wieso sollte er mir so etwas antun wollen? Nein, beschloss ich, nein, so was liess ich nicht mit mir machen. Es wurde langsam Zeit, das Ruder wieder an mich zu reissen. Ich lächelte, während ich mich abwesend von meinem Stuhl erhob und zu den Kabinen hinunter stieg.
Grandios wie immer.
Wie kannst du nur so toll schreiben? Auf Fehler habe ich nicht geachtet^^.
Danke, danke. Kritik ist selbstverständlich erbeten und auch wenn nicht, bin ich immer um ein Lob froh.
Es geht gleich weiter. Bei den folgenden Abschnitten bin ich mir nicht sicher und einige Dinge sind zu wenig ausgeführt für meinen Geschmack. Ich benutz' einfach immer die Ausrede, dass es eine Novelle und kein Roman werden sollte. Aber ihr seht es ja selbst.

___________________________________

Ich genoss die Wärme im Lokal. Es war bewölkt, aber ich schwitzte stark und ich genoss mein Bier, wie es mir durch die Kehle strömte. Der einheimische Barmann verhandelte gerade mit dem Kapitän, wohl über die Bezahlung dafür, dass unser Kapitän die Touristen ins Lokal handelte. Mir gegenüber hockte aufrecht der Helfer. Er stöberte durch seine Papiere, wohl bedacht, niemals Kontakt mit mir aufzunehmen. Nicht, dass es mir unrecht gewesen wäre.
Ich betrachtete die Touristen, als könnte ich mich durch den blossen Ekel ihrer Erscheinung von ihnen distanzieren. Alle kosteten offensichtlich den Tag auf Land aus. Auch ich mochte es, meine Augen für einmal beruhigen zu können und sie nicht ständig der Verantwortlichkeit für die Orientierung zu unterziehen. Alle waren da, nur El Pandora nicht. Ich wollte den Helfer fragen, doch mein Mund brachte nicht mehr als einen verzogenen Gesichtsausdruck zu Stande, der mehr dem Touristenschwarm galt, als irgendetwas anderem. Ich wartete schon sehnsüchtig auf die rundlichen Konturen, die mir El Pandoras Ankommen prophezeien würden. Ich war auf einmal rachesüchtig, sah unser Verhältnis durch eine offene Rechnung gestört. Bald genug, bald genug werde ich sie begleichen.
„Guten Morgen, meine Freunde“, El Pandora klopfte dem Helfer auf die Schulter, „Darf ich euch vorstellen: Jenni, die bedauernswerte Witwe des überbordeten Mannes.“ Ich schaute ihr geradewegs berechnend in die Augen. Ich hoffte etwas wie ein Zucken bei der Erwähnung des Gatten zu hören. Nichts. Dann wanderten meine Augen zu meiner Marionette. Sie grinste, wie es jeder andere hätte tun können. Aber ich bemerkte sofort, dass es nur gespielt war. Das auch noch. Wieso stellte er mir die Frau des Mannes vor, den ich über Bord springen liess? Will er mich... testen? Was erwartete er von mir? Es wäre so viel einfacher für mich gewesen, wenn ich gewusst hätte, wie ich handeln sollte, bevor ich handeln musste. Was wollte man von mir? Was für eine verfluchte Rolle hatte ich überhaupt zu spielen? Ich trank demonstrativ das Bier in einem Zug leer und schaute Jennifer direkt in die Augen. „Freut mich sehr, Sie beide kennen zu lernen.“, sie wandte sich mit erschreckender Entschlossenheit mir zu, „Wie heissen Sie überhaupt?“ Ich hustete. Erhob mich von meinem Sitz. „Ich… Nennen Sie mich doch einfach Sam“ Sam, Sam, Sam...
„Wieso summen Sie?“
„Was…? – ach, entschuldigen Sie mich, ich war etwas abgelenkt.“, fing ich mich wieder.
„Keine Ursache“, meinte sie mit einem strahlenden Unschuldslächeln.
El Pandora bedeutete mit einer eifrigen Handbewegung aufzustehen. Wir gehorchten, folgten ihm und verliessen die noch fast gefüllten Gläser. Der Helfer war abwesend wie immer, hustete bei jedem dritten Schritt und versuchte sich in Anwesenheit von Jennifer nicht tollpatschig zu benehmen. Ich warf ihm einen belustigten Seitenblick zu, den er ignorierte und mit einem weiteren Räuspern verschluckte.
Wir kamen auf die Strassen eines kleinen kolonialistischen Hafenstädtchens. Geometrischer Aufbau, aber nur die wenigsten Häuser waren aus Ziegel, Lehm oder Holz. Manche waren nur aus Stoff gestrickte Zelte, die die Häuserlücken perfekt zu stopfen schienen. Wir zogen an ihnen vorbei auf einen Hügel, wo langsam nur noch die reichsten und nobelsten Häuser aufragten. Parks mit längst ausgestorbenen Brunnen verschwanden neben uns im unteren Teil der Stadt.
Nennen Sie mich doch einfach Sam
Du bist froh, dass er inzwischen einen Namen hat, oder? Smiley

Ansonsten, ich denke zu viel darüber nach, als dass ich einen Kommentar abgeben könnte und bin es Leid, zu sagen, wie grandios es ist...Punkt?
Das erinnert mich stark an ein Filmzitat. "Play it again, Sam"^^. Ich weiss, ich weiss, das hat nicht mehr viel mit der Geschichte zu tun, aber naja XD.

Deine Geschichte ist wie ein Godspeed-Song.
Und wie du weisst, kann jemand wie ich dir gar kein grösseres Kompliment machen^^.

Zaubertinte: [und jetzt wären wir, sagen wir mal, bei Minute 4, wo das ganze Gewirr langsam irgendwie ins Rollen kommt^^]
@ Naruu
Punkt?

Wenn du meinst. Ansonsten dürftest du es auch ruhig konkretisieren :) Aber danke fürs Kompliment.

@ RPGamer
Das ist tatsächlich ein riesiges Kompliment. Und das schönste ist, du bestätigst doch einen Spannungsbogen, den ich irgendwie vermisst habe und deswegen von Gewissensbissen heimgesucht wurde :)
Irgendwann hab ich die passenden Worte gefunden.
Oder was willst du hören?

Dass es kafkaesk ist? Smiley
Scherz.

Was ich davon halte ist sowieso meine Sache. Smiley

Zaubertinte: [Aber ich will ein Kind von ihm! xD]
„Wir besuchen einen alten Freund von mir“, verkündete meine Marionette endlich, seinen Arm um Jennis Hüften geschlungen. Hinter ihnen hergehend nickte ich verbittert.
„Ich bin gespannt“, meinte Jenni mit einer fröhlichen Stimme, die die Vögel in ihrer Helligkeit übertraf.
Ich betrachtete Jennifer. Die Worte ihres Gatten gingen mir durch den Kopf. Geldgierig, hm? Ich horchte meinem Schlurfen. Mein ganzes Bewusstsein konzentrierte sich auf das Zurechtlegen eines Plans. Aber zuerst musste ich wissen, was mein Plan erreichen sollte. Jennifer, sie war so unauffällig. So unschuldig. Ich musste mir sie selber unter die Lupe nehmen.
„Jenni, wohin geht eigentlich Deine Reise? Wieso zieht es Dich nach Afrika?“ Ich duzte sie. Es schien mir angebracht, wenn wir uns schon mit Vornamen ansprachen. Ausserdem würde sie das vielleicht als Zeichen der Offenheit sehen und mehr über sie verraten.
„Mein Mann wollte hin. Er hatte geerbt und wollte es mit eigenen Augen sehen.“
„Eine Diamantenmine“, fügte ich zusammen.
„Jawohl. Du hast wohl mit meinem Mann gesprochen“, stellte sie fest, „Sam.“ Sie lächelte unverwandt und unschuldig unwissend in mein Gesicht, als ob sie das Zucken in meinem linken Oberarm nicht bemerkt hatte, das mich bei der Erwähnung des Namens durchfahren hatte.
El Pandora warf mir dagegen einen strafenden Blick entgegen. Woher ich mir das Recht nehme, die arme Dame mit unangenehmen Gedanken zu plagen. Vielleicht aber, hoffte er einfach, ich würde nichts von jenem Abend verraten, als ich den alten Mann springen sah. Ich schwieg darüber, es schien mir wichtig, das noch nicht zu offenbaren. Das Geheimnis war wie ein Instrument der Macht, deren Einsatz noch zu früh schien.
Wir näherten uns einem grossen, eisernen Tor, das in einen Garten führte. Auf einem Hügel darin trohnte ein mächtiges Gebäude. Es war ein einladender Ort, selbst im Regen. Mein Blick schweifte über die Stadt am Fusse des Hügels. Ein kleines Provinzdorf, geschmückt mit einigen farbigen Lehmhäusern, Holzhütten, Schilfzelten. Alles schien vor sich hin zu leben. Selten sah man eine Frau durch die Häuser ziehen und auch einige Abenteuerlustige des Schiffs waren draussen und strömten durch die Gassen.
Ich drehte mich um, das Tor stand bereits offen und wir vier gingen mit Andacht hindurch, als wäre dieses Gebäude unser eigenes Zuhause.
Der Holländer winkte uns schnell herein, während seine Frau sich des Helfers und Jennifer annahm und ihnen den Garten zeigte. Das Zimmer in das er mich mit meiner Marionette führte war ausgesprochen hoch gebaut, ausladend in seinen Proportionen und modern in seiner Einrichtung. Es gab einen vergoldeten Plattenspieler, eine Bar im Jugendstil und einen sympathischen Wohnzimmertisch um den die Ledersessel wie in einer Prozession erstarrt stehen geblieben waren. Ich und Pandora liessen uns nicht lange einladen. Freundlich langsam, aber gezielt strebten wir auf zwei Sessel mit Meersicht zu. Fokke bot einen Neger auf, uns den Kaffee zu servieren. Es war warm im Zimmer, obwohl ein Deckenventilator unaufhaltsam surrte und die flimmernde Hitze durchschnitt. Nicht viele Leute konnten es sich leisten einen Ventilator im Haus zu haben, dank unserer vielen Besuche erinnerte ich mich aber dasselbe bei einem Engländer auch schon gesehen zu haben.
Fokke bot uns Zigarren an, den Zigarrenschneider nachreichend. Er schien auf Dankbarkeit zu warten, die ich ihm mit einem freundlichen Satz schenkte, aber El Pandora sagte nichts und zog nur genüsslich daran. Offensichtlich waren es besonders spezielle Zigarren, das Gesicht des Holländers war äusserst unzufrieden, nachdem er keine Bedankung meiner Marionette erhalten hatte. „Sind von eigener Plantage“, meinte er mit einer kraftvollen Stimme. Ich nickte einigermassen anerkennend, Pandora grunzte.
„Und? – Was treibt Euch her?“, fragte er hastig, etwas nervös.
Schweigen.
„Ich bin sicher ihr habt Eure Gründe… Es ist nur seltsam, in letzter Zeit kommt kaum einer mehr nach Afrika“
Ich nickte. „Wir sind hier um eine leerstehende Diamantenmine wieder in Betrieb zu bringen.“

___________________________________

PS: Ich hoffe ich verletze niemanden mit dem Begriff "Neger". Die Geschichte spielt in den 1920er Jahren, und da der Erzähler in dieser Zeit lebt, dachte ich, ist es am ehrlichsten alles etwa so zu beschreiben, wie er es sieht.
Du musst dich mit soetwas nicht zurückhalten, ist schon in Ordnung.

Es heißt "Pandora und ich", wie ich nach aufmerksamen Lesen festgestellt habe. *strike*

Im Vergleich zum Rest geht die Landung wirklich etwas schnell, aber ich bin gespannter auf das was kommt, als dass ich es schlimm fände.

„Ich bin sicher ihr habt Eure Gründe… Es ist nur seltsam, in letzter Zeit kommt kaum einer mehr nach Afrika“
Aber ist es denn so ungewöhnlich, dass sich trotzdem ein paar Menschen dorthin verirren? Also so sehr, dass es erwähnenswert ist? Ein Grund, unruhig zu sein, wäre vielleicht die Mine. Um die Reaktion beizubehalten...oder so. Oo
Aber ich weiss ja auch nicht, was du noch vorhast, von daher ich halt mich zurück und.. rock on Smiley

LG
Danke für die Kritik. Ich versuch die Reaktion anzupassen bzw. abzuändern. Der Hauptgrund war eine grundsätzliche Unbehaglichkeit zu zeigen. Ich versuchte, Fokke im Gespräch von Anfang an in einen sehr stark defensiven Zustand zu bringen, um zu unterstreichen wie einflussreich Pandora ist. Schliesslich gilt ja auch hier "Show don't tell" und wenn ich nur sage, dass er mächtig ist, glaubt das ja auch niemand wirklich.
Oder?

Das mit dem Tempo wird sich nicht sehr verringern, wenn es auch etwas langsamere Passagen geben wird.

Es gibt gleich ein grösseres Stück, weil es sehr ungeeignet war, es zu trennen. Bald dürften die folgenden Abschnitte etwas dauern, da ich das Geschriebene noch in den PC tippen darf...

___________________________________

El Pandora hob unauffällig die Augenbrauen. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Ja, meine Marionette hatte jetzt zu zappeln. Sie wagte es nicht irgendetwas zu widersprechen es stand zu viel auf dem Spiel. Nur schon meine Vertrauenswürdigkeit. Pandora brauchte mich und das amüsierte mich erstrecht, denn für einmal sass ich am längeren Hebel.
„Ach – ich wusste gar nicht, dass Ihr auf diesen Gebieten agiert…Nicht, dass das ein Prob-„
„Wir agieren auf vielen Gebieten“, unterbrach ich ihn und fügte langsam, prüfend und offensiv hinzu: „Was man von Dir nicht behaupten kann…“
Fokke wurde bleich im Gesicht. Er sagte nichts, schenkte sich dafür gerade ein Glas Rum ein und leerte es zur Hälfte.
„Wollen Sie uns auch etwas anbieten?“, fragte ich kühl, aber für meinen Geschmack doch etwas zu giftig. Ich muss kontrolliert wirken. Der Holländer brachte uns mit entschuldigender und behelfender Geste zwei Gläser. Nach einer kurzen Pause - Fokke immer noch in Gedanken versunken, das Geschehen zu verstehen, geschweige denn unter Kontrolle zu bringen - warf mir El Pandora einen offensichtlich interessierten Blick zu, wie das Gespräch weitergehen sollte. Ich amüsierte mich köstlich.
„Der Franzose steht immer noch… Hatten wir nicht eine Abmachung? Der Franzose steht immer noch…“
„Aber…“, begann Fokke beflissen.
„Klar, Du hast auch noch 3 Monate Zeit. Allerdings sind Deine Fortschritte alles andere als verfolgbar – wenn denn überhaupt welche existieren.“, diesmal mit einem bewusst gekünstelten Lächeln.
El Pandora schaute mich entgeistert an. Vermutlich wusste er nicht, woher ich diese Informationen hatte, was mein Grinsen nur noch dehnte. Ich drückte das Blatt zu Recht, dass ich unter dem Tisch versteckt hielt. Es war betitelt mit: „Aktenverzeichnis: Erik Fokke.“ Ich bedankte mich innerlich bei der Unaufmerksamkeit des Helfers, dem ich es entwendet hatte.
„Noch einmal“, richtete ich mich an Fokke, „Noch einmal: Enttäusch uns nicht. Nicht noch einmal“ Und ich imitierte die künstlich bedauernswerte Stimme, die manche Menschen bei den bei ihnen Verschuldeten auflegen.
„Nein… Nein, das werde ich nicht. Zum Teufel, nein das werde ich nicht.“
Ich nickte und lehnte mich langsam mit einem unpassenden quietschenden Geräusch des Ledersessels zurück. Fokke fingerte nervös am Zigarrenschneider herum.
„Aber bedenkt bitte auch, dass sich Herr Richard - der Franzose - zurzeit mit einer Privatarmee ausrüstet; ungefähr einhundert Mann. Und das nur wegen den Erdnussfeldern…! Ich konnte mir bis jetzt noch keinen Plan zurechtlegen, diese Privatarmee zu umgehen.“
Ich tat nachdenklich und zog genüsslich an der Zigarre. Ich liess die Stille ihre Wirkung tun; El Pandora machte den Eindruck sich jetzt doch aufraffen zu können und etwas zu sagen, ich kannte ihn aber gut genug, dass er sich nicht einwerfen würde. Die Zügel dieses einen Gespräches in der Hand zu halten, der Knotenpunkt zu sein, der Marionettenspieler, das alles erfüllte mich mit einer Befriedigung und ohne mein Gesicht zu regen, lachte ich innerlich zufrieden. Wenigstens einmal, wenigstens diesmal… Nach einer Ewigkeit, die Fokke die Schweisstropfen auf die Stirn trieben und die er mit einer auffälligen Geste mit einem Tuch abtupfte, begann ich wieder:
„Du weisst, dass uns das nicht sonderlich interessiert, oder?“ Ich glaubte bei „sonderlich“ eindeutig ein unterdrücktes Vibrieren gehört zu haben, ich musste mich zusammenreissen nicht schelmisch laut loszulachen. Aber es gab dem Satz die nötige Würze. Fokkes Augen verschleierten Wut und Angst zugleich. Pandora hatte seinen Blick von mir abgewendet. Ich war in Fahrt gekommen. Schade, dass ich nicht mehr viel vorzubringen hatte, ich hätte mir die Joker aufsparen sollen. Ich hatte zwar noch welche auf Vorrat, wollte aber nicht denselben Fehler begehen und sparte sie erst einmal auf.
„Ich könnte eine Karawane oder etwas schicken, dass Euch zur Diamantenmine bringt. Sagt mir nur, wohin das Ihr wollt.“ Fokke drehte sich um und zog, bewandert in seinem Bücherregal, gekonnt eine Landkarte Afrikas hervor und breitete sie auf dem Tisch aus. Und erst jetzt merkte ich, dass ich ein wenig in der Klemme steckte. Ich hatte das nur gesagt, um El Pandora zu verwirren, was mir Fokke jetzt allerdings anbot, war eine interessante Vorlage. Nur: Wo zum Teufel war diese Mine? Jenny, Jennifer weiss es, dachte ich grimmig. Ich zog meinen Blick von der Landkarte zurück und richtete ihn Fokke entgegen. Entweder würde ich jetzt irgendetwas willkürlich bestimmen, oder ich würde es für meine Marionette um einiges milder ausfallen lassen. Allerdings durfte ich es jetzt auch noch nicht übertreiben, ich glaubte nicht recht daran, dass er mir so schnell verzeihen würde, wenn ich die Karawane an einen bestimmten Ort bestellen würde. Also nahm ich die einfachere Variante.
„Wir nehmen Dein Angebot gerne an, Fokke.“, meinte ich. El Pandora war offensichtlich überrascht. „Allerdings tut es uns Leid, wir dürfen unser Ziel und unseren Standort niemandem verraten. Wäre es möglich, Deine Karawane für ein unbestimmtes Ziel anzufordern?“, fragte ich höflich und formal, aber auch nur, weil ich wusste, dass meinem Gegenüber nicht viel übrig blieb. Dieses zuckte erst nur mit den Schultern, einerseits beleidigt vom Mangel an Vertrauen das ihm entgegengebracht wurde, andererseits schien es sich Sorgen um die Organisation zu machen. Vielleicht glaubte es tatsächlich, dass wir ihm seine Karawane entführen könnten… Sein Gesicht verwandelte sich plötzlich. Ich hatte gewusst, es würde sich zusammenreissen.
„Natürlich. Wohin noch mal soll ich sie schicken?“ Uns diesen Gefallen zu tun war wahrscheinlich notwendig in seiner Lage und eigentlich auch nicht besonders aufwändig um uns günstig zu stimmen. Ich lächelte nur unverwandt, denn ich steckte bereits wieder in der Klemme. Ich wusste ja nicht, wo unser Schiff anlegen würde. Ich warf El Pandora einen Seitenblick zu, den er mit einigem Genuss in die Länge streckte, bevor er sich regte und eröffnete: „Wir erreichen diesen Hafen in 2 Wochen.“ Er war so schnell und ich so unvorbereitet, dass ich nicht gesehen hatte, wo er hingetippt hatte. Aber Fokke nickte nachdenklich. Ich folgte seinem Blick auf der Karte, aber genauer als Somalia vermochte ich es nicht auszumachen. Ich betrachtete meine massige Marionette, die von einem kühlen, nichtssagenden Lächeln eingenommen war. Mein Sieg war leider doch nicht so klar wie erhofft. Aber das amüsierte mich nur mehr. Ich wusste, dass es wieder eine Möglichkeit geben würde und dieses Spiel gefiel mir.
Danke für die Kritik. Ich versuch die Reaktion anzupassen bzw. abzuändern. Der Hauptgrund war eine grundsätzliche Unbehaglichkeit zu zeigen. Ich versuchte, Fokke im Gespräch von Anfang an in einen sehr stark defensiven Zustand zu bringen, um zu unterstreichen wie einflussreich Pandora ist.
Das war ja auch meine Bitte, nur vielleicht gibt es einen triftigeren Grund, beunruhigt zu sein.. wie auch immer. Dieser war für mich kurz nicht ganz nachvollziehbar.. ein bisschen zu viel geshowed und zu wenig getelled vielleicht. Smiley

Also und zu dem hier...
Mir gefällt die neue Beziehung zwischen den beiden. Aber ich finde, dein Erzähler sollte Pandora weniger als "Marionette" bezeichnen, sonst übertreibt er vielleicht. v,v D.h. wir wissen ja, dass er der König ist *g*, und Überlegenheit zeugt manchmal auch davon, dass man Dinge für sich behält (natürlich grade so, dass der Leser es noch kapiert. ^^ @.@)
Wenn du so willst tellst du damit ein bisschen zu viel. (Aber nur, wenn du willst. :'D) Wie auch immer.. ich wünschte, ich hätte solche Kleinigkeiten an Keo auszusetzen. v.v

Und ich mag auch, dass sich dein König in seinen Gedanken der Umgebung anpasst.
Gut das konnte jetzt keiner Verstehen. ^^°
An Bord des Schiffes wirkte er viel sanfter (oder so *nervös lach*) als jetzt an Land.. und..*drop*
Ich schätze, du machst das unbewusst, doch es erzeugt auch eine Form von Atmo, allerdings eher fühlbar, als dass sie am Text auszumachen wäre.
Von daher kümmere dich lieber nicht um meinen Versuch, Lob loszuwerden. Smiley

*seufz*
Jedenfalls... ich meine, du hast alles bisher (fast) ein bisschen perfekt gelöst, egal in welcher Situation.
[es folgt die Stelle mit üblichen Komplimenten, die ich aus Zeitgründen überspringe *punkt punkt punkt*]

Ich bin zwar mehr oder weniger erschüttert über sein plötzliches Verhalten, aber deswegen auch ziemlich gespannt, wie es weiter gehen soll.

LG

PS: Ich hab mir viel Mühe gegeben, also bitte tu mir hinterher nichts. Smiley
*kopf einzieh*
Mir fehlen noch ein paar Bezeichnungen für Pandora. Es nervt mich, immer Marionette zu schreiben, aber El Pandora ist auf Dauer auch nicht besser. Ausserdem hab ich irgendwie das Talent, Sätze so zusammenzukleben, dass sich ein schlichtes "er" nie eindeutig auswirkt :D Also, ich schau mir auch das mal an...

D.h. wir wissen ja, dass er der König ist *g*, und Überlegenheit zeugt manchmal auch davon, dass man Dinge für sich behält (natürlich grade so, dass der Leser es noch kapiert. ^^ @.@)

Ja, ich versteh, was du meinst. Nur...
xD
Okay, das mit dem Für-sich-behalten ist so eine Sache. Ich glaube immer, dass Sämiboy noch eine geballte Ladung Geheimtrümpfe bei sich hätte, insofern hab ich also wohl geglaubt, er mache einen geheimnisvollen und auch eigentlich zurüchhaltenden Eindruck. Leuchtet mir allerdings vollkommen ein, wenn das nicht stimmt.
Der Clou, dass er sich immer so selbstgefällig als mächtig und El Pandora als seine Marionette bezeichnet, ist ja eigentlich, dass dieses Verhältnis in Frage gestellt wird. Ich versuchte es übertrieben rüberzubringen, so dass man schnell an diesem Aufspielen zweifelt. Aber vielleicht hab ich doch leicht übertrieben...

Du hast mir so geschmeichelt, dass ich jetzt auch nicht mehr sagen kann, ob das mit der Atmo bewusst oder unbewusst war. Ich hab einfach von einem Kreuzfahrtschiff ein eindeutig entspannteres Bild. Aber so einfach ist es wohl doch nicht.
Mal sehen, ob du das Lob beibehalten kannst :)

Danke für die Kritik und das Lob. Das hilft mir wirklich seeehr weiter. Ich weiss von Keo, wie kritisch du bist, so jemanden kann ich immer gebrauchen *ausnutz*(U know...)
In einem Anflug von Verblüffung schritt ich durch das Tor wieder hinaus, die anderen auf den Fersen. Verblüfft war ich angesichts der Frische, der Leere und der Stille des Freien. Irgendwie war ich vorher in Fokkes Wohnzimmer bedrückt gewesen. Auf eine liebenswerte Art bedrückt – wie eine Umarmung etwa. Verblüfft war ich, angesichts der Erkenntnis, dass mir Druck gefiel. Ich verlor den Gedanken allerdings bald wieder, er schien aus dem Bewusstsein zu schlittern. "Und wie war es?", fragte Jennifer unbewegt, aber freundlich. El Pandora machte Anstalten sein typisches Grunzen als Antwort stehen zu lassen, besann sich dann aber und führte aus: „Wir werden abgeholt.“
Jennifer schwieg eine Weile. Der Helfer machte, schon weit vom Gespräch entfernt, einen Schritt vor den anderen, als galt es, nicht den Boden unter den Füssen zu verlieren.
„Das ist toll“, meinte Jennifer und es klang ehrlich. Was mich irgendwie aufschrecken liess. Ich liess meinen Kopf wieder tiefer zwischen die Schultern sinken als ich bemerkt hatte, dass Jennifer offensichtlich im Begriff war, uns zu begleiten. Es war, als hätte ihr Mann mir seine Meinung vererbt, als hätte er mir eigenhändig den Gedanken eingebrannt, dass diese Frau böse sei. Natürlich konnte sie nicht allzu gut sein, wenn sie einen Mann zum Selbstmord getrieben hatte, aber es musste ja auch nicht unbedingt ihre Schuld gewesen sein. Aber irgendetwas gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Es war nicht, wie sie sich an meine Marionette schlang. Sagte ich mir wenigstens. Es war eher ihre Art. Sie hatte etwas beherrschendes, etwas lenkendes etwas… Sie ist eine Marionettenspielerin, dachte ich mürrisch, eher darüber, dass ich mir solche Gedanken machte. Ich hatte einen Feind. Aber ich nahm die Tatsache nur mit einem bescheidenen Achselzucken zur Kenntnis. Soll sie doch. Meine Reserve ist gross und mich holt man nicht so schnell daraus. Ausserdem trieb das meine Kräfte nur voran.
Als hätte sie bemerkt, dass es sich um sie handelte, drehte Jennifer den Kopf zu mir um. Ich blieb kurz stehen, begann dann aber weiter zu schreiten, bevor jemand es laut bemerken konnte. Wie ich sie hasse. Sie mag Offensiven, notierte ich beflissen in mein imaginäres Notizbuch.
„Sam“, sagte sie langsam, „wusstest Du, dass mein Mann einen Abschiedsbrief hinterlassen hatte?“
Mein entgeisterter Blick suchte irgendwo einen Anhaltspunkt in ihrem makellosen Gesicht, das so glatt war, dass ich mich nirgends fixieren konnte. Ich einigte mich schliesslich auf die Augen, ehe zu merken, dass es abgrundtiefe Löcher waren, aus denen nur ewige Selbstreflexion zu glänzen schien. Sie stellte eine Frage, damit sie mehr über mich und meine Beziehung zu ihrem Mann herausfinden konnte. Also schüttelte ich nur den Kopf. Was geht mich das eigentlich an?
„Nun, er hat auch sein Testament beigefügt“, meinte sie steinern, und langsam ausklingend, vielsagend. Ich schluckte still. Das mochte etwas bedeuten. Es musste etwas bedeuten. Ich schwieg erwartungsvoll.
Sie spielte mit einem Papier in ihrem Hand, biss sich auf die Unterlippe blickte mich an und sagte leise: „Du beziehst Kabine 248, oder? Wie es scheint, hat er Dir seine Diamantenmine vermacht…“
Ich starrte ihr nur mit glänzenden Augen in die ihren. Gross, braun, tief, schweigend. Ich war in ihnen versunken, in ihren spielenden Lichtern ertrunken. Aber ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ja…!, kam es mir nur in den Sinn. Ich hatte gewonnen. Ich hatte gewonnen! Ich versuchte mich zusammenzureissen, was mit Mühe gelang.
„Den notariellen Mist“, fuhr sie schärfer, aber von mir wegblickend fort, „Können mir meinetwegen lassen. Ich hab die Papiere, die Dich zum offiziellen Besitzer der Mine machen. Du musst nur unterschreiben.“
Es machte keinen Sinn, es machte alles keinen Sinn, aber es war grossartig.
Ich nahm das Wertpapier schweigend entgegen, strich über meinen Nadelstreifenanzug um einen Stift in einer Tasche zu entdecken, da streckte mir Jenni schon ei Stift entgegen. Sie schien keineswegs unhöflich, oder unglücklich, kein Anflug der Verbitterung war zu spüren. Sie war zweifellos eine herausragende Schauspielerin. Das Papier musste sie entwendet haben, möglicherweise bedachte sie, dass mich das erzürnen könnte. Ich gab ihr den Stift zurück, meine Unterschrift betrachtend und über die Unleserlichkeit zufrieden nickend.
Warum wartete sie nicht auf ein Notariat? Dieses hätte das Testament durchaus wegen der Höhe des vererbten Besitzes als ungültig erklären können. Sie schenkte es mir praktisch. Vielleicht hatte sie tatsächlich Schuldgefühle, was ja nichts Sonderbares gewesen wäre, aber ein Teil von mir traute ihr das nicht wirklich zu.
Es machte keinen Sinn, es machte alles keinen Sinn, aber es war grossartig.
Aber du hast es nicht so überarbeitet, wie die Teile davor oder? Ich sehe Flüchtigkeitsfehler. ;)

Nun, mir gefallen die ersten Zeilen besonders.
Und den Rest kannte ich im Prinzip schon (u don't know, but..). ;)

Ich würde gerne etwas mehr dazu sagen, aber das bringe ich im Moment nicht wirklich fertig.
Also nur, dass ich alles gelesen habe, und ein wenig bumpen schadet nie.

LG
Das Schiff füllte sich träge. Die Schwüle an Deck liess die Bewegungen der Passagiere verlangsamen. Ich glaubte, El Pandora hätte noch nichts von meiner Erbschaft bemerkt gehabt. Ich war mir nicht sicher, aber es bestand durchaus die Möglichkeit, dass er darüber eingeweiht war und sich erstaunlich gut unwissend gab. Aber mein ganzes Wahrnehmungsvermögen war getrübt: Alle Farben waren überzeichnet. Diese Welt war eindeutig zu einem Traum verkümmert. Oder war es gar ein Fortschritt? Ich kannte mich nicht mehr aus. Manchmal fror die Zeit ein, und manchmal verschwand sie in Sprüngen. Manchmal war ich draussen in der Hafenstadt, den Hügel hinuntergehend, manchmal war ich bereits wieder auf dem Schiff. Einige Menschen schienen sich mir so zuzuwenden, als wollten sie mich gerade ansprechen und ich geriet langsam in Panik, in allgemeine, stetige Ängstlichkeit. Ich beobachtete meine Hände, sie klammerten sich an Geländer, Wände, an die Urheberrechtspapiere der Mine. Meine Füsse pendelten von allein. Vorwärts, rückwärts, ich wusste es nicht. Es schien mir, ich erwachte in einer Sekunde am einen Ende des Decks, in der nächsten an der anderen, manchmal in der Kabine, manchmal plötzlich in einem Gespräch, in der mich das Gegenüber auffordernd anschaute. Ich schaute ihm ins Gesicht, von Gedanken und Verwirrung abwesend, um mein Gegenüber identifizieren zu können. Von einem Moment auf den nächsten wechselte das Gesicht von dem eines fremden Passagiers zu Jennifers und dann zu El Pandoras, während sich die Themen von Alltagsgesprächen, emotionalen Äusserungen und formalen Freundlichkeiten jagten. Nichts lief mehr chronologisch, nichts äusserte sich in einer normalen, zugänglichen Form, es gab nichts an das ich mich hätte halten können, nur die Gedanken, die regelmässig und temporeich wechselten. Ich machte mir Sorgen und lachte im nächsten Moment befreit, verstand manchmal was das Gegenüber sagte und verstand es im nächsten Augenblick als etwas anderes. Alles hatte eine Dynamik, aber ich konnte es nicht fassen, alles zog an mir vorbei und in mir regte sich nichts; ich war beflissen dem Geschehen nachzukommen. Es war ein Traum bei dem man bei jedem Aufschrecken dachte, man sei wach, bis man wieder erwacht und wieder und wieder. Und irgendwie war mir gar nicht bewusst, dass ich tatsächlich zu träumen begann und sich das alles ineinander zu verwickeln begann, ich träumte gar davon, dass alles die Realität war und ich vom Träumen träumen wollte, oder davon, dass ich im Sterben lag und im nächsten Moment geboren wurde, bis ich merkte, dass ich mich daran gar nicht erinnern konnte und so regte sich mein Gehirn und zuckte und zuckte, bis alles so unkenntlich wurde, dass ich keine einzelne Einzelheit mehr wahrnehmen konnte.
Plötzlich stand ich am Frühstücksbuffet, es war früher Morgen, viele Menschen da. Ich glaube, ich nahm mir nur einige Brote, aber daran kann ich mich nicht wirklich erinnern, da ich im nächsten Moment schon wieder am Tisch von El Pandora hockte, ihm zustimmend zunickte, als dieser ein paar Kommentare zu den Nachrichten in der Welt ablieferte und träge auf undefinierbaren Objekten kaute. Es war ruhig, das Schiff schaukelte ruhig und vorsichtig. Es waren noch einige Möwen zu hören. Auch wenn wir das Festland nicht mehr entdecken konnten, so ragten doch immer wieder einige Felsen und kleine Inseln aus dem Meer. Es war, als wäre das Festland gar nicht wirklich da gewesen, so wie Schlaf, wenn man früh geweckt wird. Irgendwie hatte ich alles verpasst. Aber das kümmerte mich nicht richtig. Ich beobachtete meine Marionette. Ihr Hut passte genau auf den rundlichen Kopf, ihre Stirn in Falten gelegt, etwas Interessantes in der Zeitung lesend. Ich fühlte mich unbeachtet und ich konnte mir auch nicht wirklich erklären, was mich daran so störte, eigentlich glaubte ich mich als Menschen zu kennen, der lieber unbeachtet war, lieber ein Zuschauer bei all den Geschehnissen. Aber heute fehlte es mir an Aufmerksamkeit. Ich verwarf den Gedanken und das mit ihm verknüpfte Gefühl über Bord.
Ich stand an der Bar. Ich wusste nicht was ich da tat und wie ich dahin gekommen war. Ich schaute mich mit prüfendem Blick um, selbst jetzt, am … Mittag waren schon Menschen an der Bar. Die Sitze um mich herum waren frei, ich wollte mich schon an den Barkeeper wenden, als mich das Bedürfnis ihn zu fragen auf einen Schlag verliess und ich schon ein Glas in der Hand hatte. Neben mir sass jetzt jemand. Ich tupfte mir die Schweisstropfen mit dem Ärmel ab, die sich meiner geistigen und unfassbaren Verwirrung opferten.
Gefällt mir ehrlich gesagt viel besser als die letzten Posts.. also die waren auch gut, aber ... das ist so, wie ich den König gewohnt war. ^o^
Hab jetzt auch alles gelesen.
-ö- Alles sehr verwirrend irgendwie und ich glaube so ungefähr ein Drittel kapiere ich erst beim dritten Lesen.
Aber ich bin gespannt wie es weitergeht was er mit der Mine macht und wie sich alles langsam entwirrt. Wer ist hier wessen Marionette und wer wessen Spieler? Manchmal scheint es zu wechseln, dann wieder nicht...
toll wie du das machst, echt spannend!
Weil es so schwer zu zerstückeln ist, bekommt ihr jetzt einen längeren Abschnitt. Hauptsächlich Small-Talk. Ich versuche damit auch das Tempo etwas runterzubremsen, aber ich hoffe doch, dass es nicht langweilig wird, sonst lasst es mich wissen.
Viel Spass.
Oder so.
_________________________________________

„Heiss heute“, meinte der Mann neben mir fröhlich, den ich, nach genauerem Hinsehen als den Kapitänen identifizieren konnte.
Ich nickte ihm zögerlich zu. In der Furcht, er könnte im nächsten Moment verschwunden sein, hängte ich meinen Blick an sein Gesicht, was mir irgendwie die Sicherheit und Vertrautheit der Realität wiederschenkte.
„Sie haben nichts zu tun gerade?“, versuchte ich mich im oberflächlichen Gespräch. Ich erhoffte damit überhaupt nichts zu bewirken, sondern mich eher zu beruhigen.
„Nein“, lächelte der Kapitän, er schien mich beruhigen zu wollen, wie es bei seinen normalen Gästen wohl durchaus üblich war, „Nein, für schöne Tage hab ich so etwas wie einen Diener“ Er zwinkerte mir offen zu.
Offensichtlich wusste er, dass ich nicht zu den üblichen Passagieren gehörte. Vielleicht hatte er mich deshalb angesprochen. Das stimmte mich irgendwie matt, wie immer, wenn Hoffnungen gedämpft werden. Dabei dachte ich, er sei wie ich… Aber noch war nicht alles verloren. Wahrscheinlich war er sogar ein ganz netter Kerl. Nichtsdestotrotz pochte in mir die Träumerei, langsam und bestärkt, nach Hilfe schreiend und den Tod doch akzeptierend, langsam auspendelndes Pochen. Träume sterben immer, holte ich mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Und gleich darauf verfluchte ich diesen „Boden der Tatsachen“.
„Wie lange machen sie diesen Job schon?“, griff ich das Gespräch nach amerikanischer Grossstadtart auf. Kann ja nicht allzu falsch sein, hoffte ich.
„Nun, eine ganze Weile“, er blickte kurz in die Ferne mit einem Blick, der zehn Jahre Geschichte zu erzählen vermocht. „Ich glaube, es sind etwas weniger als zehn Jahre.“
Ich zog interessiert die Augenbrauen hoch.
„Meinem Vater gehörte einst ein Schiff. Es hiess Andriell. Schon als Kind, liess er mich lenken, so wie ich meinen Lehrling jetzt lenken lasse“, fügte er belustigt hinzu. „Nun, ich war also schon immer ein richtiger Experte, wenn man das so sagen darf, auch wenn mein Vater nur Warentransporte machte, wusste ich von einem Freund, dass der Tourismus viel Potenzial biete in Afrika, also nahm ich meine Arbeit auf, in Kapstadt, bei einem Mann, der reich und abenteuerlustig war. Perfekt also um sich bei ihm um Arbeit zu bewerben.“
Er schien auf einen Kommentar meinerseits zu warten.
„Und dieses Schiff ist tatsächlich dasselbe, Ihres Vaters?“
„Ah, nein, nein“, er gluckste ein wenig und fuhr dann ernster fort, „das habe ich verkauft… Der Name ist sozusagen eine Erinnerung an meinen Vater. Ich weiss nicht mehr genau, woher der Name kommt. Ich glaube, es war die Jugendliebe meines Vaters. Aber eigentlich weiss ich nicht viel über ihn.“
Wir verfielen in Schweigen, das ich, förmlich, wie es sich gehörte, zu überwinden versuchte.
„Und Sie, haben Sie keine Kinder?“
„Ach, nein, nein“, es reicht nicht weit, das Geld, „Ausserdem würde mir mein Arbeitsgeber verbieten hier auf dem Schiff zu arbeiten, wenn ich Familie hätte… Ja, wissen Sie, wegen dem Stehlen. Hier sind viele wohlhabende Leute auf dem Schiff. Er braucht jemanden dem er vertrauen kann.“, fügte er erklärend hinzu.
Glaubt er wirklich, was er da sagt? Ich fühlte mich persönlich verletzt, mich störte es, wie er mit dem Gedanken umging.
„Haben Sie denn noch nie gestohlen?“, fragte ich so freundschaftlich, wie ich es schaffen konnte.
Er blickte mich beleidigt an. Dann, als er bemerkte, dass es tatsächlich ich war und er in mir offensichtlich jemanden sah, dem er vertrauen konnte, gab er zögerlich Antwort. Es schien als ob er es mit Vergnügen erzählen wollte, in mir endlich einen Freund gefunden hatte, über solche Dinge zu sprechen.
„Nein… also, es wird sehr oft etwas liegen gelassen.“, er zwinkerte mir zu, „wenn die sich selber nicht beschweren…“
Unerklärliche Erleichterung durchströmte mich, als er das sagte. Wohl auch, weil er es so befreit und unbeklemmt gesagt hatte, aber auch, weil ich in ihm nun noch mehr sah von mir. Ich war kein Dieb. Ich war im Geiste ein Dieb. Ein Dieb in der Grauzone. Genau wie dieser Kapitän. Ich mochte ihn.
„Aber…“, sein Grinsen entspannte sich, „was machen Sie hier auf dem Schiff?“
Irgendwie, urplötzlich erwachte in mir das Bedürfnis ihm alles von dem Mann zu erzählen, der gestürzt war. Allerdings zögerte ich, weil ich befürchtete, die Ideale des Kapitäns würden dadurch verletzt. Ausserdem war ich froh, endlich wieder einmal ganz normal zu plaudern.
„Nun… eigentlich habe ich keine Ahnung“ Wie lachten kurz. „Ich denke…ich bin geschäftlich hier.“
„Sie denken...?“, lachte er und zeigte mir mit einem ausgestreckten Finger der Hand, die das Cocktailglas umschlungen hielt, auf die Brust, „Sie sind gut, hehe, wirklich!“
„Ich begleite eigentlich nur … ähm, ein hohes Tier in der Weltwirtschaft.“, suchte ich beholfen nach den richtigen, schon etwas kumpelhaften Worten, die mir angemessen schienen. Seltsam… für einen Moment wollte ich bereits „meine Marionette“ anfügen. Ich wusste allerdings auch nicht, weshalb ich mir darum Sorgen machte, ich benahm mich genug seltsam, so dass mich auch ein solcher Gedanke nicht sonderlich hätte verwundern sollen.
Der Kapitän nickte anerkennend, lächelnd, beinahe so, als würde er sich für mich freuen.
„In so jungen Jahren… Ich dachte, sie seien einer dieser abenteuerlustigen Reisenden. Das soll den jugendlichen Europäer gefallen, es kommen auch auf mein Schiff. Wenn sie genug vertrauenswürdig und anständig aussehen, lasse ich sie billig mit.“
„Aber würde das der hohen Gesellschaft dieser Gäste nicht missfallen, wenn so unstattliches Volk auf Deck essen und spazieren würde, wie alle anderen auch?“
Der Kapitän nippte am Glas.
„Nein, das wäre äusserst ungünstig“, mich mit einem neugierigen Blick beheftend fuhr er fort, „Was denken sie? Wie mache ich es?“
Ich schaute mich um. Alles bewegte sich graziös, stöberte gezielt und elegant am Buffet, das beinahe rund um die Uhr aufgestellt war. Niemand von denen konnte eine dieser jungen Europäer sein. Mein Blick schwang über die Aussichtsplattform. Nach einer Weile hatte ich es.
„Ich vermute, es sind die Matrosen.“
„Natürlich, natürlich“, lachte der Kapitän, „Wer würde an so etwas offensichtliches denken?“
„Gerissen…“, bestätigte ich mit einem schelmischen Lächeln.
„So habe ich die Chance, mir etwas dazuzuverdienen.“
Wir verfielen in nachdenkliches Schweigen. Den Kapitänen schien das zu stören, schliesslich hing einer Pause des Gesprächs immer die letzten Worte im Raum herum, als wurden sie erst gerade ausgesprochen. Was dazu führte, dass sich Zweifel und Skepsis an den verbliebenen, entblössten Worten festbiss, und das war dem Kapitän selbstverständlich nicht zum Gefallen. Er mochte möglicherweise denken, dass ich ihn für sehr arm hielt und das würde ihn beschämen. Ich wartete geduldig, weil ich selber nicht wusste, wie ich die Stille durchbrechen konnte.
„Wie heissen Sie eigentlich?“, meinte der Kapitän, als wäre ihm die Frage gerade eingefallen.
Ich lachte und wusste nicht wieso. Wieso zum Teufel musste ich das wissen?
„…Nenn mich doch einfach Sam“
„Freut mich. Dann können wir uns also duzen? Das ist mir auch viel wohler. Meine Wenigkeit übrigens heisst Kele… Das kannst du eigentlich auch auf dem Schildchen lesen.“ Er tippte sich mit dem Zeigefinger auf die rechte Brust. Er brach sogleich wieder in Lachen aus, „Aber das liest eh keiner“
Ich klopfte ihm auf die Schulter und liess ihn mit einem Abschiedsgruss zurück. Ich ging hinunter in meine Kabine, um mich von allen hier zurückzuziehen. Irgendetwas ist faul an diesem Schiff.
? wieso sollte etwas faul sein an dem Schiff??
Naja das einzige, was mir aufgefallen ist, sind die letzten paar Sätze, da fängst du zweimal mit "er" an und dann zweimal mit "ich", das wirkt irgendwie holprig.
Also, ansonsten super und perfekt und die üblichen Lobeshymnen.

LG
Die Sache mit den Matrosen finde ich schon sehr seltsam. ;D
Quappe kann vielleicht (oder wahrscheinlich) besser erklären, was es damit auf sich hat, aber manchmal reicht auch eine dumme Ahnung, dass einem etwas merkwürdig erscheint.
...sowie mein Verfolgungswahn mir sagt, dass mir die Situation der beiden irgendwie bekannt vor kommt. ^//^

Ehm.. Kritik? Zun Verhalten noch mal, höchstens. Ich meine etwas gesehen zu haben, nur, ich kann die Textstelle grade nicht finden, d.h., vielleicht gibt es sie auch gar nicht, und ich hab es vergessen (im Ernst o.O) aber.. ich teile mich dann später mit, oder so. *räusper*
Gehts irgendwann weiter?? *wart*
Selbstnatürlich. Im Moment hab ich aber einige Verwirrungen mit dem Plot. Bin aber weiterhin dabei.
Die Kabine war so still, dass ich fast ein wenig ins Taumeln geriet, als ich sie betrat. Ich setzte mich aufs Bett, streckte mich aus, nur um im nächsten Moment aufzuspringen und aus dem Fenster zu schauen. Ich schloss für einen Moment die Augen und als ich sie einige Sekunden später wieder öffnete, stand ich vor dem Schreibtisch und ich hielt mir einen Brief vors Gesicht. Erst dachte ich, es sei eine Eingebung, eine Vision, eine altertümliche Kundgebung die sich meinem Geist offenbarte, bis ich merkte, dass es der Brief war, den ich vor einigen Tagen geschrieben hatte. Ich wusste nicht einmal, wie ich diese „einigen Tage“ genauer hätte bemessen können. „Haben nicht mit diesem Brief mein Delirium und die Gedankenattacken begonnen?“ Ich schüttelte den Kopf vor Verwunderung. Was interessierte mich ein „Brief an die Freiheit“? Bestenfalls hätte ich mich dafür schämen können. Ich warf den Brief in den Papierkorb. Allerdings nicht ehe ich ihn gefaltet hatte, beinahe so, als hätte ich gewusst, dass ich ihn wieder herausholen würde. Ich versuchte meine gesamte Konzentration auf das verblieben Papier auf dem Pult zu richten. Es war die Urheberrechtskunde der Mine. Was wollte ich überhaupt mit einer Mine?
Irgendwie fühlte ich mich dazu verpflichtet, meine anfänglichen Hoffnungen und Freuden mit Sarkasmus ins Lächerliche zu ziehen. Es war ja schön – aber was wollte ich eigentlich mit einer Mine? Ich war mit El Pandora unterwegs. Ich musste meinen Pflichten nachkommen. Daneben hatte ich eine Mine, die ich wahrscheinlich nie zu Gesicht bekäme… Da musste ich lächeln. Der Einfall war nahe dem Wahnsinn, aber kühn genug, dass ich ihn sofort akzeptierte. Ich hab ja die Karawane, ging es mir durch den Sinn. Aber was erhoffte ich denn? Meine eigene Marionette zu entführen und zu einer unbekannten Mine in Afrika bringen lassen? Wahrscheinlich war sie sowieso baufällig und bis sie wieder in Betrieb genommen werden konnte, würde es noch dauern.
So dachte ich lange Zeit, bis ich glaubte, zu einer annehmbaren Lösung gekommen zu sein. Ich packte mit einem schuldigen Gewissen das Testament und einen Teil des Abschiedbriefes, den mir der Mann hinterlassen hatte, ohne zu lesen in eine Schublade, rückte die Krawatte zurecht und suchte meine Marionette auf, die ich in letzter zeit eindeutig zu selten zu Gesicht bekam.
Unterwegs versuchte ich den Menschen, die gefährlich nah dran waren, mich zu treffen, aus dem Weg zu gehen. Einmal versteckte ich mich unter dem Vorhang eines matten Korridors, als ich den Kapitänen kommen hörte. Ich war eindeutig neurotisch. Hat hier irgendjemand ein Problem damit?
Ich fand El Pandora an ein Geländer anlehnend. Ich ging teils widerstrebend, teils erwartungsvoll in seine Nähe, wo ich mit den Händen in den Hosentaschen, versuchte, verträumt zu wirken. Es war eine leichte Technik, um auf sich aufmerksam zu machen, denn, selbst wenn man es, wie El Pandora nur aus den Augenwinkeln verfolgen konnten, bewegten sich die trägen Bewegungen und Schritte eines Träumers asymmetrisch, antizyklisch. Nicht wie die stete Menge, die vorbei zog, mit irgendetwas beschäftigt und immer im Stress. Es dauerte also auch nicht lange, bis El Pandora seinen Kopf hob und verwirrt versuchte, meine Person zu identifizieren. Er lächelte, als er in mir mich erkannt hatte, versank aber im Bruchteil eines Augenblicks wieder in Gedanken zurück. Nach einigen weiteren verstrichenen Sekunden nickte er mir zu und deutet mit einer formal ungewöhnlich diskreten Geste an, mich an einen Tisch unter der Aussichtsplattform zu setzen, wo ein ruhiges, überdachtes Restaurant rund um die Uhr dahinplätscherte.
Ich versuchte mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal gegessen hatte. Mein Magen bestätigte die Erfolglosigkeit der Suche.
Pandora legte behutsam seinen Zylinder auf den Tisch. Für einen Moment war mir, als ob sich alles um mich drehen würde. Und ich hielt mich an der Tischkante fest. Es ging vorbei, alles was gewesen war, war ein Teil meiner Angst. Alles war noch an seiner Stelle.
Er lächelte mir entgegen und ich nahm es mit einem widerständigen, meine Lippen umspielenden Schmunzeln entgegen.
„…und?“
El Pandora schwieg. Er schien über meine Frage verzweifelt nachzudenken. Er schaute mich unschuldig an.
„Und? Ich glaube, es sind Schwierigkeiten in Sicht.“
Ich hielt die Luft an, aber nicht wirklich aus Schreck. Ich war vorbereitet. Auf all das Mögliche.
„Irgendwas stimmt nicht mit diesem Schiff“, fügte er hinzu und blickte ein bisschen verlegen um sich, als ob es ihm peinlich wäre, den Gedanken auszusprechen.
Ich hielt meinen Atem immer noch. Ja, da hatte er Recht, dieses Schiff war falsch, auf eine Weise, die im Moment scheinbar niemand von uns beiden fassen konnte.
„Was glaubst Du?“, fragte ich einfach munter weiter.
„Hast du schon einmal die Menschen auf dem Schiff beobachtet? Nicht nur der Selbstmord von Jennys Mann war seltsam...“, etwas an der Betonung von Selbstmord gefiel mir irgendwie nicht, „Schau Dich doch mal um, jeder hat seine Geheimnisse, jeder auf diesem verfluchten Schiff scheint seine eigenen, ganz auf ihn zugeschnittenen Depressionen zu haben. Ich meine es ernst, wenn ich sage, dass mir das alles wie ein Ganzes, wie ein vollkommenes Rätsel erscheint.“
Ein Paar im Rücken Pandoras trank Tee. Sie verschluckte sich und er klopfte ihr auf die Schulter. Seine Haltung war aufrecht, die Haare bewegten sich nicht den geringsten Millimeter im Wind. Die Frau war durchaus fünf, zehn Jahre jünger als der Mann, der für sich eigentlich auch zu den Jüngeren gezählt hätte.
Pandora sah in meine Augen und schien zu wissen, wohin ich blickte.
„Darf ich vorstellen? Mr. und Mrs. Grand. 32 und 24 Jahre alt, leben zurzeit in Paris. Er ist als Kind aus Amerika geflüchtet. Seiner konservativen Familie wegen; und er war natürlich der Idealist, wie er im Buche steht. Ihm war sein Leben vorbestimmt; er hätte Unternehmungsleiter der Firma werden sollen, die den Vater zum Erfolg gebracht hatte und so weiter. Du kennst die Geschichten.
Er floh nach Frankreich und vögelte sich die ganze Tellerwäscherkarriere hoch. Natürlich waren dabei nicht nur Teller sondern auch Geld im Spiel. Aber auf jeden Fall ist er hochgekommen. Mit Schmutz an den Händen, aber er ist hier. Hier wo er auch wäre, wenn er nicht von zu Hause geflohen wäre. Oder?
Mrs. Grand, ihres Zeichens Künstlerin und ein Bestandteil der zukünftigen Elite, verlor sich im Gedanken, dass sie nicht, egal wie es zu drehen und wenden sei, im Stande sein werde, sich über die Runden zu bringen. Das hätte sie wohl auch tatsächlich nicht, wenn man bedenkt wie sie jetzt lebt.“ Er drehte sich zum ersten Mal um und begutachtete den Diamanten um ihren Hals. Schätzte vermutlich seinen Wert ab. „Alle sind sie zufrieden, nicht? Sie kann Malen und Zeichnen, ohne Druck. Er hat seine hübsche, junge Ehefrau, hat es seinem Vater gezeigt, die Lektionen des Lebens gelernt und ist auf dem besten Weg dazu, Millionär zu werden. Eigentlich müssten sie jetzt glücklich sein, nicht?
Aber das ist es ja. Dieses ganze, dieses verdammte Schiff. Jeder einzelne dürfte, sollte, müsste eigentlich glücklich sein. Ein wandelndes Klischee nach dem anderen, eine Musterkarriere nach der anderen. Die Menschen auf diesem Schiff… Sie sind falsch.“
Puppen…
„Puppen.“, beendete er seine Ausführungen.
Ich schwieg eine Weile, spielte mit dem blank geputzten Messer und begutachtete mein Spiegelbild darin. Ich durfte nur auf keinen Fall überrascht erscheinen. Pandora hatte eine Vielzahl von Quellen, die ihn mit Informationen voll pumpten. Möglicherweise waren einige Passagiere auf dem Schiff von ihm eingeschleust worden. Er war in der Lage sich in wenigen Minuten alle möglichen Biografien in seinem Umfeld zu besorgen. Und wie ihm das gelang, selbst wenn er auf dem Schiff unterwegs war und wir selten an Land konnten, erstaunte mich ein weiteres Mal.
Aber was er sagte, stimmte. Er hatte Recht. Dieses gesamte Schiff war eine Kulisse.
Doch was war es nur? Was versteckte sich dahinter?
Ich wusste nicht, was ich ahnen sollte. Ich wartete, bis er weiter sprach.
Nach einer Weile in der Pandora Löcher in die Tischplatte gestarrt hatte, schaute er auf.
„Ich glaube wir werden beobachten.“
Ich musste schlucken. Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Mir war zwar unbehaglich zumute, aber ich wusste nicht, wer es war. Schliesslich könnte es auch eine ganz alltägliche Angelegenheit sein, dass El Pandora bespitzelt würde. Feinde und misstrauende Freunde hatte er eine ausreichende Menge.
Er schaute um sich, suchte offensichtlich jemanden. Als sein Blick zu ruhen begann, folgte ich ihm und entdeckte eine rundliche Gestalt, die mit einem lockeren Hemd und einem Sonnenhut an der Reling lehnte. Sie schien alleine dazustehen und schaute verträumt und unschuldig zum Horizont hinaus. El Pandora wandte sich an mich.
„Mr. Thompson… Immer diese verfluchten Amerikaner.“, er rutschte unruhig auf seinem Sessel, „Ich muss zugeben, ich weiss sehr wenig über ihn, ich vermute nur, dass es sich um einen Amerikaner handelt.“
„Wieso?“
„Ach, eine alte Angelegenheit zwischen mir und dem Präsidenten des Geheimdienstes.“
„Was erwarten sie? Was erhoffen sie sich damit, dich zu überwachen?“
„Ich glaube, das wissen sie selber nicht so recht, aber auf jeden Fall würde es ihnen sehr zum Gefallen sein, wenn sie mich eines Verbrechens überführen könnten.“
Ich grinste in mich hinein. El Pandora hatte eine reinere Weste als Gott, als etliche Friedensbotschafter und Ärzte, die in Armutsregionen Freiwilligenarbeit leisteten. Und im Grunde war das vor allem mein Verdienst. Es kam nicht zu selten vor, dass Pandora nach einer Verhandlung mal jemanden leblos im Raum zurückgelassen hatte. Das bedeutete dann vorsichtige und seriöse Organisation in Höchstgeschwindigkeit.
Aber El Pandora zog nie unbedacht eine Waffe, er las nicht einmal eine Münze vom Boden auf, wenn er befürchten konnte, dass er sie nicht behalten konnte, oder wenn sich daraus ein Nachteil ergab.
„Allerdings,… es gefällt mir gar nicht, wie es sich abhandelt. Thompson ist ein felsenfester Mann. Nicht so wie der ertrunkene alte Herr.“
Ich schluckte noch einmal, aber versuchte es, so weit wie möglich zu verbergen.
„Was ist mit ihm?“, fragte ich beiläufig.
„Er hatte auch dazu gehört. Zu jenen die mich ausspionieren sollten. Sie dachten wohl, ein alter Mann sei nicht auffällig und untypisch. Sie haben noch gar nichts verstanden, ich finde es äusserst beleidigend, dass sie mich so unterschätzen“, meinte er mit einem Augenzwinkern.
Ich war schockiert. Der Mann, den ich ertrinken liess, war ein Gegner Pandoras. Das hatte er vermutlich immer gewusst und deshalb hatte er nie etwas gesagt, als ich keine Hilfe holte. Und Jennifer! Er wollte von ihr nur Informationen. Das machte mich auf seltsame Weise matt und aggressiv. Die Mine…?
Ich hoffte immer, jeder einzelne Hinweis würde mir Aufschluss über die Mine geben, aber dem war wohl nicht so, ganz im Gegenteil. Eher wurde es vertrackter und diese Mine passte gar nicht in dieses so verworrene Spiel hinein.
Wenn der Mann El Pandora hatte bespitzeln wollen und er somit gar keine Probleme mit seiner Frau gehabt hatte… Wieso hatte er sich dann ertränken wollen?
War es möglich, dass Pandora ihn bedroht hatte, ihm vielleicht gesagt hatte, er müsse sich umbringen? War es möglich, dass El Pandora Jennifer als Geisel nahm und seinen Tod mit ihrem Leben erpresste?
Ich bekam eine Gänsehaut. Es gefiel mir ganz und gar nicht, was passierte. Das alles machte zu viel Sinn. Aber ich beeilte mich, meine Gedanken zu übersteigen. Wenn ich etwas von El Pandora gelernt hatte, dann schnell zu reagieren. Ich übersprang all diese nichtigen Fragen, auf die ich wohl sowieso keine Antwort gehabt hätte und stellte mich gleich einer letzten gegenüber. Wieso erzählt er mir das und was erwartet er, was ich denken würde?
Und als hätte er es mir am Gesichtsausdruck ablesen können, sagte er:
„Ich will, dass Du ihn kalt stellst.“
Ich lachte. Aber sein Gesicht blieb starr. Er konnte das unmöglich ernst meinen, nicht nur, weil es aus seinem Munde komisch klang, sondern auch, weil er mir das nie und nimmer eröffnen würde, nicht nachdem unser Verhältnis so angespannt gewesen war auf dem Schiff.
„Nein, ich meine das ernst, Ed. Ich vertraue dir.“
Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas. Meine Augen funkelten vor Belustigung. Allerdings fand ich es auch beleidigend, dass er mich so simpel auf den Arm nehmen wollte. Er grinste undurchschaubar.
Ich wusste nicht genau was machen, also stieg ich darauf ein.
„Wieso ich?“
Er schien in einem ganz kurzen, schnell verstrichenen Augenblick mich erstaunt anzufunkeln, aber er hatte sich sofort wieder gefasst und auf seinem Gesicht lag nun ein Ausdruck von Freude über meine Fassung.
„Wieso nicht? Wer sonst? Es ist schon Jahre her, seit ich es das letzte Mal getan habe. Und ich merke, ich bin zu alt dazu. Meine Kraft verschwindet. Mir fehlt einfach die Stärke. Die Stärke, die du besitzt, die dir liegt und derer du dich annehmen musst. Sie ist eine seltene, aber starke Waffe. Keine Angst zu haben, dass ist die grösste Waffe. Wenn dich nichts daran hindern kann, dann wird es auch nichts und niemand wagen.“
Ich trank mein Glas in impulsartigen Zügen. Ich schwitzte ein wenig. Es war verflucht heiss. Für einen Moment, glaubte ich, nach rechts auf den Boden zu stürzen, allerdings wurde mir gleich darauf bewusst, wo ich war. Die Schwindelanfälle schienen sich ihre Pause zu gönnen.
Ich sollte einen Menschen töten? Wieso tat er das? Wieso ich? Und wozu das Ganze? Das wäre ja nur dazu da, El Pandora zu schützen, der Informationen hat, von denen ich nicht weiss, wie wichtig und gravierend sie sein können.
Thompson.
Ich war verdammt wütend, es machte mich aggressiv nur dazusitzen. Am liebsten wäre ich spazieren gegangen. Und als mir diese Idee kam, erhob ich mich von meinem Stuhl und entfernte mich von Pandora, der, wie es schien, ein bisschen resigniert, an seinem Drink nippte.
Bier. Es war, als höhlte es mich aus. Ja, es war beinahe, als würde ich daraus bestehen. Als würde ich leben. Ich war wieder geölt. Jeder Schluck war eine Wohltat. Es gehörte einfach dazu. Wer wusste schon, wie viel ich ohne das Bier denken müsste, meine Güte.
Manchmal wollte ich einfach am Liebsten aussteigen.
Arrangiert ihr euch außerhalb oder steht dieses Forum jetzt gänzlich dem Verfall gegenüber?

Jedenfalls.. Wie es ist wirkt es irgendwie ernüchternd, ich hätte hinter dem armen Alten mehr erwartet. Einerseits, mit den neuen Informationen die man hat, ist es viel, aber ich meine... du weißt was ich meine. ^^
Eigentlich sollte das positiv klingen.

[Bäd boys, bäd boys.. what ya'gonna do when they...-]
Ähh.. Mein König tut soetwas nicht, nein, nein... T__T Ich bin geschockiert.

Wobei, es zeigt immerhin, dass du die Tipps, die du gibst anwenden kannst, in dem Zusammenhang, dass auch Hauptfiguren andere Seiten haben. Denk' ich mir zumindest so. ^^°
Gefällt mir alles, jaja. Ist wieder so, wie ich Geschreibsel von dir gewohnt war, das ist das Beste daran. Für dich vielleicht nicht, aber für mich, weil ich gerne subjektiv bleibe.
Ich bin immer noch da ^^ Habs inzwischen gelesen und warte sehnsüchtig auf die Fortsetzung. Fehler habe ich eigentlich außer kleinen tippfehlern hie und da nichts gefunden und es wird langsam immer spannender.
*wissenwillwiesweitergeht*
LG Lamproly
Man sieht mich nicht, man hört mich nicht^^ und trotzdem bin ich noch da... und lese fleißig mit. Kommentare spar ich mir aber.

Ansonsten, good Job! Weiter so ;)
Sehr kewle Idee, auf jeden Fall durchziehen.
Lese fleißig weiter^^

Sind nur ein paar holperige Formulierungen a´lá
"Die Kabine war so still, dass ich fast ein wenig ins Taumeln geriet, als ich sie betrat."
drin.

Gut, zugegeben, sie ist nicht wirklich "holperig", aber fügt sich einfach nicht perfekt in den sonst so guten Lesefluss ein.

Ich glaub an dich, Quappe xD

- Rock on.
Danke Leute, ihr habt mich echt unterstützt. Ohne euch hätte ich diese 2 Seiten nicht schreiben können xD Nein, aber im ernst, es geht auch um mehr als das. Dank euch hab ich doch noch bis zum Ende am Plot meiner Geschichte herumgefuhrwerken können.
Und jetzt, wo ich mit dem Plotten eigentlich fertig wäre, können mich nur noch Schreibblockaden oder Nebenprojekte aufhalten...^^ ;)

________________________________

Ich lief der Reling entlang und folgte dem Umfang des Bootes. Ich beobachtete die Wellen, in der Hoffnung, sie würden mir ein klares Zeichen geben. Vielleicht einen Satz zuflüstern, oder ein Bild mit dem starken Blau in ihre wilde Struktur zeichnen. Aber nichts war. Diese verfluchten Wellen. Nichts konnten sie.
Ich blickte ab und zu auf, es war mir beinahe, als sähe ich plötzlich viel mehr Menschen auf dem Schiff. Nach einiger Zeit entdeckte ich Mr. Thompson auf der Aufsichtsplattform. Ich machte mich gleich daran, hinaufzusteigen. Wenn ich schon so etwas tun musste, dann wollte ich dafür auch einen Blick auf das Opfer erhaschen. Entscheiden konnte ich mich dann ja immer noch.

Mr. Thompson war etwas muskulös für die normalen Passagiere. Sein kantiges Gesicht hatte etwas Amerikanisches und sein Blick lugte unter seinen niederhängenden Augenbrauen hervor. Er trug ein halb geöffnetes Hemd. Alles in allem keine besonders besondere Gestalt.
Ich stand da und beobachtete ihn unentwegt, aber natürlich vorsichtig. Wieso nur stand ich da? Ich hätte weglaufen müssen, ich musste diesen Job nicht machen. Ich glaube, El Pandora hätte es mir nicht einmal richtig übel genommen, natürlich, er wäre mir mit einer noch ausgeprägteren Kälte gegenüber getreten, aber dass ich die Wahl hatte, das stand eigentlich ausser Frage.
Nur hatte sich El Pandora etwas überlegt. Diesmal, wie jedesmal. So einfach war das alles nicht. Diesmal, wie jedesmal. Ich stieg nicht aus, obwohl es so naheliegend war. Pandora hatte mich in der Hand. Er hatte meine Psyche an der Wurzel gepackt und geschüttelt, bis sie bereit dazu war, seinen Willen auszuführen. An der Wurzel jeder Psyche steht nämlich der Akt, der uns alle prägt, prägen könnte, prägen würde, prägen wird oder prägte. Das Fundament unserer Seele kann durch nichts so sehr erschüttert werden, wie das Töten.
Das Töten, ja das Töten. Ich sog soviel Luft ein, wie ich konnte. Töten war eine Sucht. Wenn man einmal angefangen hatte, liess es einen nie mehr los. Man kann nicht bestimmen, was es aus einem macht. Töten und töten und töten. Nichts liess die Welt so erglühen, wie frisches Blut an den Händen. Nichts liess das Herz so schnell Pochen, wie ein Todeskeuchen. Ein Messer oder eine Kugel durch ein Leben zu jagen, glich dem Gefühl zu fliegen. Und das wussten die wenigsten Menschen und jene die es wussten, würden es nie zugeben.
Seinem Opfer aufzulauern, entzog einem den Boden unter den Füssen. Übelkeit und der Drang zu sterben oder noch viel mehr, wenn es die Welt nur zugelassen hätte, überkommt einem und man ist kurz davor zu implodieren. Und dann tust du es. Töten. Und alles ist wieder da, schlagartig. Der Kopf ist kühl, die Hand ruhig und der Atem das einzige Geräusch im Universum. Das ist der Rausch in Vollendung. Dann schaltet alles ab. Alle Klänge der Welt sind ohrenbetäubend und die Farben stechend.
Und Pandora wusste das natürlich alles. Ich war ein Mensch der einem Rausch nicht abgeneigt war. Und Pandora wusste natürlich auch, dass ich keinen Rückzieher machen würde. Um nichts in der Welt.

In den folgenden Tagen kehrte ich immer wieder zu Mr. Thompson zurück, um ihn zu beobachten. Aber je häufiger ich in sein Gesicht sah, desto eher vergass ich es wieder. Ich vergass von einem Moment auf den nächsten, wie er aussah. Das machte mir Angst. Ich konnte nicht jemanden töten, an dessen Gesicht ich mich nicht bis ins Detail erinnern konnte. Das verzerrte den Sinn des Tötens. Immer und immer wieder observierte ich Thompsons Aktionen exakt, ich versuchte, jede seiner Bewegungen vorauszusehen. Nicht, weil ich das bei meiner Planung für nötig oder sicher befunden hätte. Es machte mir einfach Spass. Ich spielte es nach, ich versuchte Thomspon nachzuschleichen, ohne dass er es bemerkte. In einem unbedachten Moment schlüpfte ich gar in die Rolle des Barkeepers, der seinen Platz für eine kleine Pause verlassen hatte. Ich goss ihm einen Whiskey ein, aber ich konzentrierte mich nicht auf das Einschenken. Ich stellte mir auch nicht vor, wie ich seine noch warme, erschlaffende Leiche, mit raushängenden Eingeweiden von Bord stossen würde. Ich dachte nur daran, dass heute ein schöner Tag war, und dass ich, weil ich Thompson einige Tage lang schon fast auffällig penetrant gefolgt war, mir diesen Abend ein paar neue Freunde machen könnte.
Die Freunde fand ich, durch gezielte Suche nach auffälligen Matrosen, lachend in einer Kabine vor. Die Studenten schauten mich entgeistert an. Auf einer umgedrehten Schachtel, in der normalerweise Früchte transportiert wurden, lag ein Pokerspiel ausgebreitet, dass mit einigen wenigen Dollar, Pfund und sogar Yen betrieben wurde. Weiter hinten, in einem schattigen Ecken der Kabine, hockte eine verdunkelte Gestalt auf einem Stapel von Lagerkisten. Der von dort ausströmende Rauch roch nach karibischem Hanf. Es roch stärker als jenes das mir aus Europa bekannt war.
Ich bot ihnen offenbar ein erschreckendes Bild. Obwohl mein Hemd aufgeknöpft und verschwitzt war, trug ich Kleidung, die sie alarmierte. Sie dachten wohl, ich sei einer dieser Jung- und Neureichen, die sich besonders clever vorkamen, wenn sie schwarze Passagiere entdeckten. In diesem Moment, bedankte ich mich telepathisch bei Kele für den Tipp. Alles das war perfekt. Es war perfekt.
Ich begrüsste sie kurz und kühl, setzte mich zu ihrer Spielrunde und krammte ein paar Münzen hervor. Nach einiger Zeit akzeptierten sie den unerwünschten Gast. Nach einigen Momenten sprachen sie wieder einigermassen. Meine Strategie war oft, aber treffend Kommentare fallen zu lassen und fröhlich zu wirken. Es dauerte nicht lange, bis sie in diese leise Euphorie miteinstiegen. Dass sie sich schon so früh beruhigt hatten, mochte wohl daran liegen, dass sie bereits ein wenig angeheitert waren.
Ich fühlte mich wieder ein bisschen Zuhause. Es war schon lange her, seit ich das letzte Mal dazu kam, dieses Handwerk anzuwenden.Ich blühte förmlich auf. Im Pokern hätte ich sie alle schlagen können, machte aber bewusst einige grobe Fehler. Ich brauchte das Geld ja nicht und es war besser zu verlieren, als den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, die meine Freunde werden sollten. Ich tat viel eher so, als hätte ich ausserordentliches Glück und tatsächlich hatte ich einige ganz ansehliche Blätter auf der Hand.
Einer der Studenten, der seine Matrosenmütze auf dem Kopf und das Hemd weit offen trug, spielte erstaunlich gut, oder sagen wir, frisch. Nicht mit dem akademischem Abwägen, das mir in New Orleans beigebracht wurde, sondern mit einer Art jugendlichem Übermut und mit Schnelligkeit. Sein Name war Rubens, kam mir später zu Ohren. Mir Gegenüber sass ein typischer Matrose mit Glatze und sogar einigen diskreten Tätowierungen an der Schulter. Ich spielte ausgewogen. Ich verlor einmal und gewann drei Runden später. Aber ich spielte nicht um Geld, sondern um Informationen. Informationen, wie Namen, Interessen und Charakter der Personen, damit ich mit grösserem Einsatz, ihrer Sympathie spielen konnte. Ich witzelte etwas mit dem sehr klein gewachsenen belgischen Architekturstudenten. Meistens machten wir uns über jenen betrunkenen Deutschen lustig, von dem ich hörte, dass er dem Alldeutschen Verband angehörte, aber er verstand kein Englisch und schien nicht sonderlich beliebt zu sein, also schuf ich mir relativ wenig Feinde, während ich schnell Sympathisanten gewann.
Ich ging zum letzten Mal zurück in meine Kabine um dort zu schlafen. Am nächsten Tag überredete ich den Barkeeper einige Kisten Bier im Frachtraum liegen zu lassen. Wie ich ihn genau dazu gebracht hatte, weiss ich selbst nicht mehr. Die Studenten waren mir aber mehr als nur ein wenig dankbar. Ich brachte ausserdem den Deutschen dazu, in meiner Kabine zu schlafen, damit sie gebraucht und nicht aussgestorben aussah, während ich in seiner Hängematte schlief. Einige Tage wies mich Rubens darauf hin, dass mir das Zimmermädchen Arnelia zu Füssen lag. Mein Plan wurde Tag für Tag perfekter, als er es eigentlich hätte sein dürfen und langsam war es so ausgeklügelt, dass er mir fast schon Angst einjagte.
Also ich öh...hab alles gelesen.
Und bin wahrscheinlich so aus der Übung, dass mir nichts auffällt.


xD Rock on, Quappe.
ich war schon ewig nicht mehr hier...
kennt ihr mich überhaupt noch? aber ich werd mich mal dranmachen das zu lesen
@Lyra: Klar kennen wir dich noch:)

@Quappe: hab mal den letzten Abschnitt gelesen und mir ist nichts aufgefallen. Wirklich gut. Ist jetzt zwar wieder keine ausführliche Kritik, aber, naja.
Drei Tage später weihte ich Ruben in meinen Plan ein. Er erklärte sich sofort dazu bereit, mir zu helfen. Er war so erregt und gespannt auf meinen Plan, dass ich mir nicht mehr ganz so sicher war, was ich ihm alles erzählen sollte. Ich entschloss mich dann doch nur für einen Teil. Wissen ist Macht. Das ist so, das wird immer so bleiben und das war meine Lebensversicherung.
Die Erregung, die Ruben ganz unbewusst versprühte, machte die anderen schwarzen Passagiere nervös und es breitete sich eine stete Unruhe aus. Ich musste einige Male eingreifen um Streitereien zu schlichten. Am Abend vor jenem Morgen, zu dem sich meine vergangenen Wochen bewegt haben, bot ich noch einmal einige Kisten Bier auf und achtete, dass sich die Studenten gut amüsierten. Alles eine Absicherung. Nur noch Absicherungen. Für Notfälle. Zufälle, Unfälle, Notfälle. Und das obwohl ich mir der Konsequenzen im Falle eines Missglückens vor lauter Todesrausch nicht wirklich bewusst war. Es konnte praktisch nicht mehr schief gehen.

Gegen 3 Uhr morgens betrat ich mithilfe von Arnelias Schlüsseln Mr. Thompsons Zimmer. Auf Deck wurde gerade gefeiert, und, wie mir der Belgier zuvor ins Ohr geflüstert hatte, war Thompson offenbar mit Arnelia beschäftigt, die ihn in ihr verführerisches Spinnennetz von Andeutungen gewickelt haben musste. Es blieb mir also genug Zeit bis er wieder zurückkehrte.
Das Zimmer von Mr. Thompson sah auf den ersten, wie auf den zweiten Blick völlig harmlos aus. Weil mir aber die Zeit dazu blieb, durchsuchte ich das Zimmer äusserst gründlich. Ich fand einige Briefe und Notizen, die über die Tätigkeiten von El Pandora genauer Bericht erstatteten. El Pandora hatte mich also nicht belogen. Auch wenn er es getan hätte, hätte es keinen Unterschied mehr gemacht. Es war alles geplant und bereit.
Ich fand eine Flasche teuren Champagner in seinem Schrank, die ich gleich darauf leertrank. Wäre auch eine Verschwendung gewesen. Ich legte das Messer auf dem Pult aus. Ich sass da und betrachtete die Tischlampe, wie sie sich darin spiegelte.
Nach etwa einer Stunde, begann ich wieder Mr. Thompsons Dokumente zu durchsuchen. Vielleicht, dachte ich, könnte es mir nützen, wenn ich wüsste, wer hinter El Pandora her war. Natürlich wusste es El Pandora bestimmt und ich hätte ihn einfach fragen können. Aber ich beschloss, auf eigene Faust nach den Informationen zu suchen, die mir eines Tages einen Vorteil verschaffen könnten. Ich überflog alle die Tagesberichte, die über meine Marionette peinlich genau geführt wurden. Auf einem Stapel in einer Schachtel, die hinter seinen Schuhen versteckt war, fand ich aber Dokumente, die weitaus interessanter waren, als die Berichte, die El Pandora betraffen. Das erste Papier war ein Brief von Thompsons Korrespondenten namens „Dustin W.“, darin fand ich zum ersten Mal eine Zeittafel, die den Kurs des Schiffes auflisteten. Endlich war die Möglichkeit gekommen, mich über dieses unsägliche Schiff, über Andriell zu informieren. Was ich aber las, verwunderte, nein erzürnte mich. Es stimmte nicht überein, den Aufenthalt am Festland war nicht eingeplant und der Kurs konnte allen meinen Überlegungen nach unmöglich mit dem Plan übereinstimmen. Dann legte ich die Zeittafel weg und las den dazu gehörigen Brief. Offenbar antwortete Dustin W. auf ähnliche Bedenken von Thompsons Seite. Er beruhigte ihn darin, dass die Kurse in Afrika oft abgeändert würden, wegen des Wetters und der Mentalität, die dort herrsche. Ich nahm auch den Brief vom Stapel und ich verschluckte mich an etwas Champagner, als mich mein Gesicht anblickte. Die Zeichnung von mir war auf eine Akte geklebt, die ich unbehaglich öffnete. Ich? Ja, natürlich ich, wieso hatte ich nicht damit gerechnet, dass nicht nur El Pandora sondern auch seine Begleiter bespitzelt würden? Das war alles andere als abwegig.
Neugierig schlug ich die Seiten um. Wie zu erwarten war, waren die Einträge einigermassen spärlich. Es stand ein falscher Name da und die Protokolle waren unvollständig. Aber dann entdeckte ich, dass Mr. Thompson bemerkt hatte, dass ich mich unter die Studenten geschlichen hatte. Ich fand einen Eintrag, in dem er darüber Bericht erstattete, wie ich in Matrosenkleidung Schachteln transportiert hatte. Zu meiner Erleichterung standen daneben wild gekritzelte Fragezeichen; er schien das Phänomen nicht aufgeklärt zu haben. Trotzdem blieb ich unsicher. Wusste Thompson, was ich vorhatte? Kann er mich irgendwie aufhalten? Vorallem musste ich die Papiere dringend entfernen., wenn sie gefunden würden, würde ich wohl verdächtigt.
Als jemand plötzlich die Türe zur Kabine aufschlug, sprang ich sofort von meinem Bett auf und warf das Messer vom Tisch. Alle meine Sinne waren bis aufs Äusserste angespannt. Und mein Bewusstsein konfrontierte mich mit den verschiedensten Möglichkeiten, mich zu wehren.
„Hey, keine Panik, ich bins nur.“, sagte Ruben.
Langsam beruhigten sich meine Muskeln wieder, was mit einer ungestümen Zittrigkeit einherging.
„Alles klar bei Dir?“, fragte er, chancenlos ein Grinsen zu unterdrücken.
Sowas kann ich jetzt nicht wirklich gebrauchen.
„Ja, alles klar. Bei euch?“
„Scheint perfekt zu laufen. Er hat Arnelia schon dutzende Male dazu bringen wollen, ihn hierhin zu begleiten. Das bedeutet, er wird wohl bald kommen. Arnelia liess mir, dem unscheinbaren Kellner“, er grinste erregt, und ich nickte mit einem sarkastischen Grinsen zurück, „die Nachricht zukommen, dass sie es wohl noch eine halbe Stunde verzögern wird. Das bedeutet für dich noch etwa zwanzig Minuten.“
Ich nickte, nahm noch einen Schluck des Champagners und bot Ruben den letzten Rest an.
„Nein danke.“, sagte er und schlich sich vorsichtig aus der Kabine.
Ich setzte mich wieder zu den Dokumenten und sah sie aufmerksam durch. Ich war nicht nervös und ich wollte noch etwas Sinnvolles machen, bis zur Ausführung meines Auftrags.
Was ich las und erfuhr, liess mich erstarken. Es waren Dinge, die mehr noch sehr nützlich sein könnten. Als ich plötzlich die Stimme von Arnelia auf dem Korridor hörte, und eine tiefe, dunkelgefärbte Stimme mit amerikanischem Akzent. Ich verräumte in aller Ruhe Die Dokumente in einer Kiste und versteckte mich hinter dem Wandschrank, so dass er mich nicht sofort sah, wenn er reinkam. Sie sagte ihm, sie habe etwas vergessen, dass sie noch holen müsste und er solle schon vorgehen. Das Zimmer knackte, als Thompson die schlichte Holztür aufstiess.

________________________________

Damit wäre der erste Teil des Marionettenkönigs provisorisch abgeschlossen. Wenn ihr irgendeinen Kommentar dazu habt, und wenn er auch noch so simpel und kurz oder seltsam ist, dann will ich ihn hören. Kritik wäre natürlich auch sehr freundlich. Oder Interpretationsansätze. Hauptsache, irgendwas.
Es wäre sehr cool, wenn du mir das ganze entweder über icq oder an meine E-mail raggaman9@hotmail.de zukommen lassen könntest, so lange Sachen im Forum zu lesen mag ich irgendwie nicht, wills aber trotzdem lesen^^.
Schreib aber ne pm, falls du die e-mail schickst, ich sehe meine E-mails nur ziemlich selten nach.
Danke schonmal und
Rock on.
Logge dich ein um einen Beitrag zu schreiben.