Vorratsdatenspeicherung ist illegal (Gesellschaft)

Vorratsdatenspeicherung ist illegal (Gesellschaft)

Verstoß gegen Artikel 10 des Grundgesetzes urteilt das Verfassungsgericht in Karlsruhe.
Hier die Pressemitteilung vom Internetauftritt des Bundesverfassungsgerichtes.

Ganz gestorben ist die Vorratsdatenspeicherung damit wahrscheinlich allerdings nicht:
"Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Regelungen des TKG und der StPO über die Vorratsdatenspeicherung mit Art. 10 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind. Zwar ist eine Speicherungspflicht in dem vorgesehenen Umfang nicht von vornherein schlechthin verfassungswidrig. Es fehlt aber an einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Ausgestaltung. Die angegriffenen Vorschriften gewährleisten weder eine hinreichende Datensicherheit, noch eine hinreichende Begrenzung der Verwendungszwecke der Daten. Auch genügen sie nicht in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen Transparenz und Rechtsschutzanforderungen. Die Regelung ist damit insgesamt verfassungswidrig und nichtig."

Filesharer wird man übrigens weiterhin drankriegen können (genauso wie man weiterhin Leute drankriegen kann, die auf MogelPower Straftaten, zum Beispiel Beleidigungen begehen wollen):
"Weniger strenge verfassungsrechtliche Maßgaben gelten für eine nur mittelbare Verwendung der vorsorglich gespeicherten Daten in Form von behördlichen Auskunftsansprüchen gegenüber den Diensteanbietern hinsichtlich der Anschlussinhaber bestimmter, bereits bekannter IP Adressen."
In erster Linie muss der Gesetzgeber massiv nachbessern und z. B. auch Straftaten explizit im Gesetz nennen, bei denen man auf die Voratsdatenspeicherung zugreifen mag.
Ob nun Filesharer & Co darunter fallen, ist erstmal offen (aber die Rechteinhaber werden schon dafür sorgen...)

Viel Interessanter ist, dass das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil gesagt hat, dass der Gesetzgeber große Fehler gemacht hat und das Gesetz praktisch nie in Kraft getreten ist, da es nicht Verfassungskonforn in seiner aktuellen Form ist.

Es darf, da es zu sensible Daten sind, keine zentrale Speicherung geben, sondern nur dezentrale. Damit keine "Superbehörde" gebildet werden kann, die auf alle Daten zugreifen kann.

Genauso dass alle Daten gelöscht werden müssen.

Ein ganz gutes Urteil, wie ich finde.
Money Quote: Insofern seien die gesetzlichen Vorgaben als vollständig "nichtig" zu deklarieren und die bereits von den Telekommunikationsunternehmen aufbewahrten Daten "unverzüglich zu löschen".

Das und die Anforderungen an die zukünftige Speicherung haben einen sehr lang andauernden Prozess zur Folge, in dem die Regierungen sich an die Vorgaben aus Karlsruhe halten müssen. Die VDS ist damit de facto und de jure vorerst vom Tisch. "Vorerst" ist in diesem Fall ein Zeitraum von sehr flexibler Länger.
Das ist wichtig, damit die Bürger dieses Staates weiterhin und intensiv über die Bedeutung von SWIFT, ELENA, VDS und anderen neuzeitlichen Stasi-Methoden informiert und aufgeklärt werden können.
Die Regierung hat es nun unumwerflich schriftlich, dass sie 100% Bullshit produziert hat.
Auch ganz interessant: Die NachDenkSeiten analysieren das Urteil. Deren Fazit: das Bundesverfassungsgericht weicht von seiner bisherigen Rechtssprechung ab, den Bürger "gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner Daten" zu schützen - so hat man Zoff mit dem Europäischen Gerichtshof vermieden, denn eine völlige Absage an die anlasslose Speicherung von Daten hätte der EU-Vorgabe widersprochen.
Wunderbar. Hätte nicht gedacht, dass es klappt.
Es steht also ausser Frage, dass in nächster Zeit ein neuer Gesetzesentwurf vorliegen wird.
Dem Druck der EU wird schließlich immer nachgegeben.

Interessant ist auch, dass das Gesetz bereits zwei Jahre vollzogen wurde und nun für verfassungswidrig erklärt wurde. Das erweckt für mich den Anschein, dass die Regierung hier machen kann, was sie will und dabei die Verfassung mit Füßen tritt. Nennt mich altmodisch aber zu anderen Zeiten wären Köpfe gerollt (buchstäblich).
Aber heute ist das ja anders. Man beschließt erstmal etwas und schaut dann, ob es gut geht bzw. rechtens ist.
Das Gesetz steht jetzt erst mal hinten an, nur die CDU/CSU wollen es direkt anpassen. Aber die dafür erforderliche EU Richtlinie steht erst mal auf dem Prüfstand. Mit genug Opposition hängt ein neuer Entwurf erstmal lange Zeit in der Warteschleife.
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