Cheat-Praxis: Wissenswertes

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Die Sims – Eine Erfolgsgeschichte

Eigentlich sollte es ein Spiel über Architektur werden. Doch welchen Sinn hat es, ein Haus einzurichten, wenn sich keine Bewohner daran erfreuen? Simulierte Pixelwesen müssen her, und irgendwann in der Entwicklung des Spiels geraten sie zum Mittelpunkt. Und führen zum Namen: Die Sims.

Man erstellt eine oder mehrere Figuren und weist ihnen Grundeigenschaften zu: Freundlich? Schüchtern? Partymaus? Oder Spießer? Man erwirbt ein Haus und richtet es ein. Ist alles vorbereitet, schaut man dem Treiben zu. "Die Sims" vereinen drei Spielideen zu einem faszinierenden Paket. Designer lieben das Einrichten des Hauses. Dabei lassen sich nicht nur eigene Tapeten einfügen. Zusatzprogramme erlauben es, eigene Möbelstücke zu modellieren. Oder Accessoires wie einen schicken Rucksack von Kapten & Son.

Wer dazu kein Geschick hat, kann Abertausende von Objekten von einschlägigen Websites laden. Ein geschmackvolles Heim erfreut auch die Bewohner: Ein schicker Großbildfernseher, ein Swimming Pool oder ein Weinkühlschrank erhöhen die Lebensqualität. Eine Haushaltshilfe gestattet mehr Freizeit. Doch der Luxus kostet Geld, und das will verdient sein. Strategen schätzen den Part der Wirtschaftssimulation, schicken ihre Sims zur Arbeit, um die laufenden Kosten und Extras zu decken. Hat man seinen Haushalt nicht im Griff, drohen Jugendamt, Gerichtsvollzieher oder gar der Hungertod. Um die Sims zu fördern, läßt man sie Bücher lesen, damit sie besser kochen lernen. Oder Schach spielen, um ihre Kreativität zu schulen.

Der zwischenmenschliche Teil ist am faszinierenden. Die Beziehungen zu anderen Sims lassen sich zum Beispiel durch Geschenke, das Erzählen von Witzen oder Umarmungen fördern. Aber auch ein gemütlicher Fernsehabend auf dem Sofa vermag die Beziehungen zu den Nachbarn verbessern. Freundschaft folgt Leidenschaft, und daraus werden im Idealfall Verlobung, Hochzeit und Familienzuwachs. Der macht das Spiel nicht leichter: Wie im richtigen Leben, verursachen Kinder Kosten, tragen aber nichts zum Einkommen bei. Auch die Eroberungspläne können scheitern, wenn der potentielle Partner einen anderen Sims im Kopf hat oder man zu stürmisch vorgeht. Flirten zwei Sims miteinander, kann das einen dritten eifersüchtig machen. Solche Gefühlsregungen, Ängste und Wünsche lassen sich durch Denkblasen erkennen, die über den Köpfen der Sims schweben. Denen muß man freilich nicht nachkommen. Wer mag, der stänkert. Entfernt etwa die Leiter des Schwimmbeckens und überläßt die planschenden Sims ihrem Los. Oder stellt eine Badewanne mitten in der Küche auf.

Die Spielfiguren lassen sich vor allem durch indirekte Beinflussung lenken und manipulieren. Diese Distanz macht einen zusätzlichen Reiz aus, den man bisher nicht von Spielen kannte: Voyeurismus. Man stellt die Weichen und wartet gespannt Reaktionen ab. Daß zeitgleich vor zehn Jahren die erste Staffel der Show "Big Brother" anläuft, tut sein übriges. Im Fernseher lassen sich Zlatko, Jürgen und ihre WG-Genossen nur passiv beobachten. Doch "Die Sims" schafft die eigene Daily Soap.

Daß die Akteure in einer Kunstsprache miteinander verkehren, festigt diese Distanz und bindet trotzdem den Spieler näher an das Geschehen: Nicht der Computer legt den Figuren Sätze in die Munde. Sie sollen allein im Kopf des Spielers entstehen. Ursprünglich gibt es pragmatische Gründe, den Figuren keine verständlichen Sätze in den Mund zu legen. Die Entwickler wollen vermeiden, daß ständig die gleichen Sätze zu hören sind. Und sie scheuen den Aufwand der Übersetzung in andere Sprachen. So entsteht "Simlish", das Elemente aus dem Ukrainischen und Französischen in sich birgt. Das putzige Kauderwelsch wird bereits in Vorgänger-Simulationen eingeführt, aber erst in "Die Sims" populär.

Mittlerweile gehören "Die Sims" und seine Nachfolger zu den weltweit erfolgreichsten Entertainment-Marken. Die Spiele werden in viele Sprachen übersetzt. Zahlreiche Interpreten wie Katy Perry, Nelly Furtado und Depeche Mode nehmen Songs auf Simlish auf; allein der Erfolgstitel "Smile" von Lily Allen in den Lauten der Kunstsprache wird auf Youtube viele Millionen Mal abgerufen. Aus soviel Bekanntheit wächst Verantwortung: Mittlerweile können die Sims umweltfreundlich eigene Nahrungsmittel anbauen, sich vegetarisch ernähren und mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Daß fleischlos lebende Sims länger und langsamer altern, ist der Tierschutzorganisation PETA den Preis für das "tierfreundlichste Spiel 2009" wert.