Supercell warnt:
Wie die geplante EU-Digital Fairness Act Free-to-Play-Modelle verändern könnte
Im Oktober 2025 hat Supercell-Chef Ilkka Paananen vor möglichen Folgen einer neuen EU-Regulierung gewarnt. Der Entwurf der sogenannten Digital Fairness Act soll Verbraucher und insbesondere Minderjährige besser vor manipulativen Online-Praktiken schützen. Dazu gehören auch Mechaniken, die in vielen Free-to-Play-Spielen vorkommen - etwa virtuelle Währungen, Lootboxen oder zeitlich begrenzte Angebote. Supercell befürchtet, dass eine zu weit gefasste Regelung das Fundament zahlreicher Spieleökonomien gefährden könnte. Die Debatte betrifft nicht nur große Studios, sondern auch kleinere Entwickler, die auf das Free-to-Play-Modell setzen.
Was die EU mit der Digital Fairness Act plant
Die Digital Fairness Act befindet sich derzeit in der Konsultationsphase der Europäischen Kommission. Sie soll als Ergänzung zu bestehenden Rahmenwerken wie dem Digital Services Act und dem Digital Markets Act fungieren. Ziel ist es, digitale Umgebungen "fairer" zu gestalten. Dazu zählen laut den Entwürfen:
• strengere Regeln gegen Dark Patterns und Addictive Design;
• verpflichtende Angaben zum realen Geldwert virtueller Güter;
• Transparenzpflichten bei Lootboxen, Odds-Systemen und In-Game-Käufen;
• sowie Mechanismen, um Minderjährige besser zu schützen.
Das Europäische Parlament hatte im Oktober 2025 ergänzend empfohlen, Lootboxen in Spielen für Minderjährige zu untersagen und eindeutige Alterskontrollen einzuführen. Nationale Vorreiter wie Belgien oder die Niederlande haben bereits vergleichbare Regelungen umgesetzt. Ein konkreter Gesetzesentwurf der EU wird im Verlauf des Jahres 2026 erwartet.
Supercells Warnung und Branchensicht
Supercell gehört zu den erfolgreichsten Entwicklern von Free-to-Play-Titeln in Europa. Spiele wie Clash of Clans, Brawl Stars oder Boom Beach beruhen auf der Nutzung virtueller Währungen und zeitlich gesteuerter Belohnungssysteme. Laut Paananen könnte die DFA dazu führen, dass einfache In-Game-Token als finanzielle Instrumente behandelt werden müssten. Jede Transaktion - etwa der Kauf eines virtuellen Gebäudes mit Gems - könnte künftig rechtlich einem Zahlungsvorgang gleichgestellt sein. Das würde nicht nur technische Anpassungen, sondern auch zusätzliche Informations- und Bestätigungsschritte erfordern.
Supercell betont, dass bestehende EU-Regelungen bereits umfangreichen Verbraucherschutz gewährleisten. Eine weitere Regulierung, so die Befürchtung, könnte Entwicklungs- und Betriebskosten erheblich erhöhen und Innovationsprozesse bremsen.
Gratis-Einstieg und Monetarisierung im Wandel
Das Free-to-Play-Modell hat sich in den letzten Jahren zum dominanten Geschäftsmodell vieler Spieleentwickler entwickelt. Der Einstieg ins Spiel ist kostenlos; Umsätze entstehen durch optionale Käufe, Werbung oder Abonnements. Eine Untersuchung des Forschungsdienstes Infatica SDK zeigt, dass moderne Monetarisierung weit über Mikrotransaktionen hinausgeht. Studios kombinieren heute Werbe-Einblendungen, In-App-Abos und plattformübergreifende Kontensysteme, um Einnahmen langfristig zu sichern.
Auch im Indie-Segment, das laut Mordor Intelligence 2025 ein Marktvolumen von rund 4,85 Milliarden US-Dollar erreicht, werden Free-to-Play-Ansätze zunehmend verwendet. Das Ergebnis: Der Gratis-Einstieg wird häufiger mit komplexeren Belohnungs- und Fortschrittssystemen verbunden, um Spielmotivation und wirtschaftliche Tragfähigkeit zu sichern. Die Forschenden sprechen von einer strukturellen Verzahnung von Spiel-Design und Monetarisierung - nicht von Manipulation.
Diese Verbindung zwischen niedrigem Einstieg und wachsender Systemtiefe zeigt sich nicht nur in Mobile- oder Konsolenspielen. Auch andere digitale Unterhaltungsformen nutzen ähnliche Modelle, um neue Zielgruppen zu erreichen und langfristige Nutzerbindung aufzubauen.
Sogar im iGaming, wo es eindeutig um Glücksspiel und Echtgeld geht, sind erste Schritte zum Teil gratis möglich. So bieten sich online beispielsweise auch immer wieder diverse Poker Bonus Aktionen: Dabei ermöglichen einige Anbieter den Einstieg mit kostenlosen Startguthaben oder Freeroll-Angeboten, bei denen sich echtes Geld gewinnen lässt, ohne zuvor eigenes Kapital einzusetzen.
Solche Beispiele verdeutlichen, dass der kostenlose Einstieg zunehmend zu einem branchenübergreifenden Prinzip wird. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen Unterhaltung, Wettbewerb und Monetarisierung, was auch regulatorisch neue Fragen aufwirft.
Die Entwicklungen zeigen, dass der kostenlose Zugang kein reines Werbemittel ist, sondern ein zentraler Bestandteil moderner Spieleökonomien. Gleichzeitig verdeutlichen sie, warum Regulierungsbehörden zunehmend auf Transparenz und Fairness drängen: Je stärker Monetarisierung und Gameplay miteinander verflochten sind, desto größer wird der Prüfbedarf.
Nationale Vorreiter und rechtliche Orientierung
Bereits heute existieren in einigen EU-Staaten klare Grenzen. In Belgien werden Lootboxen seit 2018 als Glücksspiel klassifiziert; im Frühjahr 2025 bestätigte ein Gericht in Antwerpen diese Einstufung erneut. Auch die Niederlande verfolgen einen restriktiven Kurs.
Solche Urteile erhöhen den Druck auf eine europaweite Vereinheitlichung. Entwickler reagieren, indem sie für bestimmte Regionen unterschiedliche Spielversionen anbieten oder Lootbox-Elemente deaktivieren. Der geplante Digital Fairness Act würde hier einheitliche Vorgaben schaffen - und damit auch Rechtssicherheit, allerdings zu dem Preis größerer Anpassungspflichten.
Fachleute gehen davon aus, dass der Digital Fairness Act frühestens 2027 in Kraft treten könnte. Die Diskussion um die DFA zeigt, dass Free-to-Play-Mechaniken inzwischen so zentral für den Spielemarkt sind, dass sie politisch und wirtschaftlich nicht mehr getrennt betrachtet werden können. Ob die neue EU-Verordnung letztlich zu fairen Strukturen führt oder zu mehr Bürokratie - das entscheidet sich erst in den kommenden Jahren.