Top-Verdiener unter den Streamern: Wer kassiert richtig ab?
Es gibt Karrieren, die klingen, als hätte sich jemand einen Internet-Traum ausgedacht. Menschen, die in Jogginghose auf Gaming-Stühlen sitzen, gelegentlich in ein Mikrofon lachen und damit Millionen verdienen.
Doch wer glaubt, dass Streaming nur ein gemütlicher Spaziergang durch digitale Parallelwelten ist, bei dem das Geld wie von selbst fließt, sollte sich anschnallen. Denn hinter den Top-Verdiensten stecken harte Arbeit, strategisches Kalkül und ein Markt, der dynamischer kaum sein könnte.
Wer sitzt ganz oben auf dem Streaming-Thron?
Ganz oben, auf den glitzernden Stufen des Streaming-Olymps, sitzen keine stillen Beobachter, sondern Persönlichkeiten mit Wiedererkennungswert, Entertainment-Talent und einer Community, die ihre Namen wie eine Marke mit sich trägt.
Da wäre zum Beispiel Felix xQc Lengyel, der ursprünglich auf Twitch zu Ruhm gelangte und dann mit einem exklusiven Kick-Deal für Aufsehen sorgte. 100 Millionen US-Dollar für zwei Jahre. Das ist kein Tippfehler, sondern ein Vertragsvolumen, das selbst im Profisport selten geworden ist. Monatlich streichen solche Creator locker 300.000 bis 500.000 Dollar ein. Und dabei ist die Merch-Linie noch nicht mal mitgerechnet.
Insbesondere mit Casino-Streams wurde xQc seit seinem Wechsel zu Kick bekannt. Das wird zwar einerseits kritisiert, ist aber für ein erwachsenes Zielpublikum auf Kick nicht verboten. Da mittlerweile auf zahlreichen Portalen gezielt mit einem Casino Bonus geworben wird, um neue Spieler zu werben, gibt es auch immer die Möglichkeit für klare Call-to-Actions in seinen Videos.
Ähnlich spektakulär sieht es bei Kai Cenat aus, der nicht nur durch seine IRL-Streams, sondern auch durch ausgedehnte 24-Stunden-Events auf sich aufmerksam macht. Seine monatlichen Einnahmen dürften sich auf mindestens eine Viertelmillion belaufen allein durch Subscriptions und Sponsorings.
Amouranth wiederum hat das System gleich auf mehreren Plattformen perfektioniert. Twitch, Kick, OnlyFans, Patreon und eigene Markenlinien sorgen dafür, dass die Bankkonten gefüllt bleiben. In Hochzeiten spricht sie selbst von bis zu 1,5 Millionen Dollar im Monat.
Auch Jynxzi, ein Name, der 2024 noch kaum jemandem etwas sagte, gehört inzwischen zur Topriege. Mit über 100.000 aktiven Abos auf Twitch führt er zeitweise die Liste der meistabonnierten Kanäle an. Bei einem Abosplit von rund 2,50 Dollar pro User lässt sich die Rechnung schnell machen. Und während Ibai mit selbst veranstalteten Mega-Events neue Maßstäbe setzt, bastelt Fanum mit seinem ganz eigenen Stil an einer Karriere, die ebenso lukrativ wie langlebig zu werden verspricht.
Auf welchen Wegen die großen Summen zustande kommen
Wer glaubt, dass sich das Streaming-Geld ausschließlich über Zuschauerabos generiert, hat nur einen Bruchteil der Einnahmequellen gesehen. Auf Twitch zahlt ein Zuschauer für ein Monatsabo 4,99 Dollar. Der Streamer bekommt davon in der Regel etwa 2,50 Dollar, Top-Performer erhalten bis zu 3,50. Klingt überschaubar? Bei 100.000 Abos sind das dennoch locker 250.000 Dollar im Monat.
Dazu kommt Werbung. Twitch arbeitet hier mit einem klassischen CPM-Modell. Pro 1.000 eingeblendeten Werbespots verdient ein Streamer zwischen 3 und 6 Dollar. Bei mehreren tausend Zuschauern pro Minute können diese Beträge schnell in fünfstellige Tagesumsätze münden. YouTube ergänzt das Modell durch Adsense-Einnahmen und bietet darüber hinaus sogenannte Super Chats, Kanalmitgliedschaften und ein Archiv, das Streams dauerhaft monetarisieren kann.
Sponsoren sind ein weiterer großer Posten. Je nach Reichweite und Markenwert kassieren Top-Creator zwischen 5.000 und 100.000 Dollar pro Kampagne. Und dann wären da noch die Spenden, auch "Donations" genannt, bei denen Zuschauer ihre Lieblingsstreamer mit freiwilligen Beträgen unterstützen. Oft live, oft emotional, manchmal mit vierstelligen Summen.
Wer strategisch arbeitet, verknüpft all das mit Affiliate-Links, Merch-Verkäufen und Kooperationen. Dabei geht es nicht nur um Gaming-Stühle oder Energy-Drinks, sondern zunehmend um Lifestyle-Marken, NFTs oder gar exklusive Finanzprodukte.
Was Plattformen zahlen
Die Wahl der Plattform ist kein Detail, sondern ein entscheidender Faktor für das Einkommen. Twitch war lange Zeit das Maß aller Dinge. Ein Platzhirsch, der Streaming geprägt hat wie kein anderer. Doch mit wachsender Kritik an den Geschäftsmodellen, sinkender Abo-Beteiligung für kleinere Streamer und verschärften Richtlinien haben sich neue Akteure in Stellung gebracht.
YouTube lockt mit Stabilität, einem riesigen Backend durch Google und der Möglichkeit, Inhalte auch nach dem Stream langfristig zu monetarisieren. Besonders für Creator mit einem Hang zum Storytelling oder edukativen Content ist YouTube deutlich interessanter als das schnelle Live-Geschäft auf Twitch.
Und dann kam Kick. Mit einem Split von 95/5 revolutionierte die Plattform das Verhältnis zwischen Creator und Anbieter. Während Twitch und YouTube sich zwischen 30 und 50 Prozent der Einnahmen sichern, lässt Kick den Streamern fast alles. Dazu kommen exklusive Verträge xQc, Amouranth, Adin Ross und andere erhielten Millionendeals, um der Plattform Leben einzuhauchen.
Allerdings hat Kick einen Beigeschmack. Hinter der Plattform steht das Online-Casino Stake.com, dessen Geschäftsmodell nicht überall auf Applaus stößt. Die Nähe zu Glücksspielinhalten, fragwürdigen Werbepraktiken und der fehlende Jugendschutz werfen Fragen auf, die bislang unbeantwortet bleiben. So wird die goldene Gießkanne schnell zum Risiko. Vor allem für den eigenen Ruf.
Vom Nebenjob zur Millionenkarriere
Nicht jeder, der streamt, verdient gleich ein kleines Vermögen. Viele fangen nebenbei an, mit einer Handvoll Zuschauer, einem gebrauchten Mikrofon und der Hoffnung, dass sich der Aufwand irgendwann auszahlt. Für einige bleibt es ein Hobby, für andere wird es zu einem Lebensmodell.
Wer etwa 10 bis 50 gleichzeitige Zuschauer hat, kann mit 100 bis 500 Dollar im Monat rechnen. Vorausgesetzt, es wird regelmäßig gestreamt und ein Mindestmaß an Professionalität mitgebracht. Richtig spannend wird es ab etwa 100 bis 200 Zuschauern. Dann kommen Sponsoren ins Spiel, die Einnahmen steigen auf 1.000 bis 2.500 Dollar monatlich und Streaming kann zur ernstzunehmenden Einkommensquelle werden.
Doch es braucht mehr als Zahlen. Wer eine loyale Community aufbaut, regelmäßig live geht, eigene Formate entwickelt und eine emotionale Verbindung schafft, hat langfristig die besseren Karten. Plattformwahl, Themenauswahl und technisches Setup sind wichtige Stellschrauben. Aber nichts ersetzt Charisma, Kontinuität und echtes Interesse an der eigenen Community.
Was der Erfolg mit den Streamern macht
Wer ganz oben steht, steht nicht selten unter Strom. Streaming ist längst kein Feierabendprojekt mehr, sondern ein Vollzeitjob mit unberechenbarem Rhythmus. Der Druck, jeden Tag on zu sein, auf neue Trends zu reagieren, Highlights zu liefern und gleichzeitig präsent, unterhaltsam und möglichst fehlerfrei zu bleiben, ist enorm.
Viele Streamer berichten von Schlafproblemen, sozialer Isolation und einem ständigen Gefühl der Erschöpfung. Die Kamera läuft, der Chat tobt, die Zahlen entscheiden über Einkommen und Relevanz. Eine Praxis, die nicht wenige an ihre Grenzen bringt. Pausen kosten Reichweite, Auszeiten werden bestraft, wer krank ist, verliert nicht nur Zuschauer, sondern auch Einnahmen.
Einige bauen sich Teams auf, holen sich Management, Redakteure, Social-Media-Coaches. Andere flüchten ganz. Sie löschen ihre Accounts, steigen aus oder kehren nur reduziert zurück. Der Mythos vom einfachen Internet-Geld bekommt hier Risse. Denn wer auf Dauer liefern will, muss nicht nur kreativ sein, sondern auch mental stabil bleiben.
Streaming kann zur Goldgrube werden, zum Traumberuf oder zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit führen. Doch wer ganz oben mitspielen will, braucht mehr als einen schnellen Witz und eine gute Kamera. Es geht um Strategie, um Ausdauer und nicht zuletzt um das Verständnis, dass Reichweite nur ein Teil der Wahrheit ist. Die ganz Großen kassieren ab. Doch der Weg dorthin ist alles andere als leicht verdientes Geld.