Testbericht: SimCity 4

Testbericht: SimCity 4



Systeme: PC; Macintosh

Genre: Simulation Wirtschaft

Erschienen: Januar 2003

Entwickler: Spiele dieses Entwicklers Maxis

Verleger: Spiele dieses Verlegers Electronic Arts

Sehr gut

Cover von SimCity 4
Die Idee kommt Mitte der 80er Jahre. Der Programmierer Will Wright stellt fest, daß es ihm mehr Spaß macht, ein virtuelles Gelände zu entwerfen, als mit einem Hubschrauber darüberzufliegen, um es zu zerstören. Er beschäftigt sich mit Stadtplanung und studiert die Arbeiten von Jay Forrester, einem Pionier für Computer-Simulationen und dem Erschaffer des ersten Weltmodells. Das Ergebnis ist die erste spielerische Nachahmung des Stadtbaus. "SimCity" stellt keine Gegner auf, keine eigentlichen Ziele. Es gilt, eine Siedlung zu errichten und zum Blühen zu bringen.

Das Vorhaben wird skeptisch aufgenommen. Wright findet keinen Verleger, schließt er sich aber mit Jeff Braun zusammen. Der Software-Berater hat Visionen von Spielen für Yuppies, und "SimCity" scheint ihm der Schlüssel dazu. Sie nennen ihre Firma Maxis. Das geschäftsmäßige Auftreten erleichtert Verhandlungen, und endlich 1989 erscheint das Programm. Die Aufmerksamkeit bleibt zunächst verwehrt. Doch vor allem Mundpropaganda sorgt für wachsende Verbreitung. Heute ist "SimCity" ein Klassiker und Inspiration für Titel wie "Civilization" und "Railroad Tycoon". Zwei Dutzend "Sim"-ulationen erschienen bisher; allein von "Die Sims" nebst Erweiterungen wurden rund 25 Millionen Exemplare verkauft. Die jüngste Verkörperung: "Sim City 4".

Wie schon vierzehn Jahre zuvor wartet zu Beginn eine leere Grundfläche. Die läßt sich per Zauberhand formen, mit Wassern und Hügeln versehen. Als Dekoration dienen Bäume, und auf den fertigen Plan streut man eine Tierwelt. Die Zauberhand weist den Parzellen drei Geländearten zu: Wohnungen, Gewerbegebiet, Industrie. Schon hier heißt es: Aufpassen! Niemand möchte gern neben einer Fabrik wohnen, doch der Arbeitsweg darf ebenfalls nicht zu weit sein. Für jeden Arealtyp gibt es drei Bebauungsdichten. Eine stärkere Nutzung dient in der Regel der Stadt, erfordert jedoch auch höhere Erschließungskosten. Ein Kraftwerk und Wasserrohre, und schon ziehen die ersten Bewohner ein. Die Flächen füllen sich mit Gebäuden, und die Probleme beginnen. Das Geld ist knapp, und soviel muß gebaut werden: Arztpraxen, Schulen, Feuerwehren, Büchereien, Parks ... Es gilt, ständig abzuwägen, ob eine Ausgabe sinnvoll ist: Polizeistationen erhöhen die Sicherheit, doch sie kosten laufend Geld. Die Kasse wird vor allem durch Steuern gefüllt, doch hohe Abgaben vertreiben die Besucher. Wenn die monatliche Bilanz negativ ist, dann läuft etwas falsch. Die Übersicht zeigt Einnahmen und Ausgaben für jeden Zweig. Sind die Kosten zu hoch, lassen sich Posten kürzen oder Verordnungen einführen. Doch beides senkt die Attraktivität der Stadt. Der Rettungsanker in der Not ist ein Darlehen. Wichtige Entscheidungshilfen sind Umfragen und die Empfehlungen des Stabs, der sich jederzeit konsultieren läßt. Wo es konkret brennt, zeigen Schablonen, die sich über die Stadt legen lassen und die etwa Blöcke mit nicht ausreichender gesundheitlicher Versorgung rot markieren. Diagramme stellen die allgemeine Entwicklung von Bereichen wie Bildung, Einnahmen und Luftverschmutzung heraus.

Die Graphik ist schmuck. Es macht Spaß, die Straßen entlang zu scrollen, auf die 3D-Gebäude, die Bäume zu schauen und das Treiben zu beobachten. Der Zauber der Vorgänger-Spiele fängt einen schnell wieder ein. Bald stößt man jedoch auf die Grenzen des Systems. Von den fünf Zoom-Stufen macht keine richtig glücklich. Selbst die größte ist zu weit entfernt, um einzelne Gebäude detailliert zu sehen. Trotzdem ist der Hardware-Hunger ist enorm. Selbst mit einem schnellen PC jenseits der Zwei-Gigahertz-Grenze und 512 MB Arbeitsspeicher beginnt das Spiel, ab einer bestimmten Einwohnerzahl zu ruckeln. Dennoch wird man betrogen: Schaut man genauer hin, besteht das pulsierende Leben allein aus sich bewegenden Fahrzeugen und Passanten. Doch die werden zufällig eingestreut; verfolgt man ein Auto einige Sekunden lang, wird es sich bald in Luft auflösen. Wohl kann man bis zu fünf Bewohnern eine Identität geben und wird über ihr Leben auf dem Laufenden gehalten. Doch diese Beziehung besteht aus einem Pixelfleck auf dem Bildschirm und gelegentlich eingestreuten Textmeldungen. Selten gibt es wirklich "Action", wenn etwa die Feuerwehr ausrückt, um einen Brand zu löschen, oder die Lehrer vor der Schule demonstrieren.

"SimCity 4" hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck, vor allem für Kenner früherer Versionen. Die steigende Komplexität erhöht den Schwierigkeitsgrad. Vorversionen boten gezielte Herausforderungen in Form von Szenarien, etwa zu lösenden Verkehrsproblem. Das fehlt hier und drückt auf die Langzeit-Motiviation. Die Ideenarmut ist ernüchternd. Wohl findet man sich schnell zurecht, doch wer "SimCity" schon früher spielte, dem kommt vieles bekannt vor. Schon vor Jahren zeigte Maxis mit Spielen wie "SimCopter" oder "SimTown" Ansätze, eine Stadt wirklich plastisch darzustellen. Doch heute eine Metropole so zu simulieren, daß man durch jede Straße laufen (oder fahren) und die Fassaden bewundern kann, das hat man Mitbewerbern überlassen.